Es war noch nicht sieben Uhr morgens, als die Kantonspolizei Waadt die Meldung erhielt, dass in der Avenue du Casino in Montreux VD fünf tote Personen aufgefunden wurden.
Vor Ort stellte die Polizei fest, dass die fünf Personen von einem Balkon gestürzt waren und korrigierte die Opferzahl nach unten: Vier Personen starben bei dem Vorfall, eine Person überlebte, schwer verletzt, und musste ins Krankenhaus gebracht werden. Was genau vorgefallen war, ist nun Bestandteil der laufenden Ermittlungen.
Nur der Sohn überlebte
Wie die Waadtländer Polizei am frühen Nachmittag mitteilt, handelt es sich bei den Toten um eine französische Familie. Einen Mann (†40), seine Frau (†41), eine Tochter (†8), einen Sohn (15) des Paares sowie die Zwillingsschwester der Frau (†41). Bis auf den Sohn kamen beim Sturz alle zu Tode. Der 15-Jährige überlebte schwer verletzt.
Vor dem Drama hätten zwei Polizisten die betreffende Wohnung aufgesucht. Es sei dabei um das Einhalten von Homeschooling-Richtlinien bezüglich des Sohns gegangen. Wie die Polizei auf Blick-Anfrage präzisiert, sei es im Kanton Waadt üblich, dass die Schule einmal im Jahr eine Kontrolle macht, um zu schauen, ob die Richtlinien eingehalten werden.
Weil die Eltern mehrmals nicht auf das Kontrollschreiben der Schule reagierten, wollte die Polizei beim Vater vorstellig werden. «Die Polizisten klopften an die Tür und hörten eine Stimme, die sich erkundigte, wer da sei», heisst es in der Mitteilung. Die Beamten hätten sich angekündigt, worauf sie keine Geräusche mehr in der Wohnung gehört hätten und unverrichteter Dinge gegangen seien. In einem solchen Fall sei ein Eindringen in die Wohnung vonseiten der Polizei nicht gerechtfertigt gewesen, wie der Mediensprecher der Kantonspolizei Waadt mitteilt.
Schuhe fehlten
Laut einem Zeugen, der am Tatort anwesend war, lagen die Personen ohne Schuhe auf dem Boden, berichtet die Nachrichtenagentur SDA. Anwohnerin Katia (35) sagt zu Blick: «Ich wurde von dem Lärm der Polizei geweckt, die mit einer grossen Anzahl von Einsatzfahrzeugen angerast kam. Wir haben eine Whatsapp-Gruppe mit den Nachbarn. Die Leute dachten, es gebe einen Überfall auf das Casino.»
Wie mehrere Stockwerknachbarn gegenüber Blick sagten, spielte der Mann eine zentrale Rolle in der tragischen Geschichte. Eine Frau aus dem Haus berichtete: «Ich habe ihn immer als etwas wild angesehen.» Diese Bewohnerin hörte am Donnerstagmorgen das Klopfen der Polizisten, bevor ein grosser dumpfer Knall ertönte. Auch sie dachte an einen Autounfall oder an einen Anschlag mit einem Sprengstoffauto auf ein Juweliergeschäft in der Nachbarschaft. «Ich hätte nie an ein solches Drama gedacht»
Auf den Strassen von Montreux kursieren einige Gerüchte zu dem Vorfall. Einige sprachen von einer sektenartigen Entgleisung, doch es gebe keine Hinweise, die dieses Szenario stützen würden, teilte Polizeisprecher Jean-Christophe Sauterel mit. Die Staatsanwaltschaft hat nun eine Untersuchung eingeleitet. (nl/as/vof/noo/chs)