Wegen fahrlässiger Tötung im «Fall Mike» angeklagt
Heute beginnt der Prozess gegen sechs Lausanner Polizisten

Der «Fall Mike» machte in der Schweiz Schlagzeilen. Ein Drogendealer verstarb kurz nachdem er von sechs Polizisten auf dem Boden fixiert wurde. Nun beginnt der Prozess gegen die angeklagten Beamten.
Publiziert: 20.01.2023 um 17:48 Uhr
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Aktualisiert: 12.06.2023 um 10:22 Uhr
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Die Witwe und der Bruder von Mike erschienen zum Prozessauftakt.
Foto: KEYSTONE/SALVATORE DI NOLFI

Im Fall des bei einer Festnahme verstorbenen Drogendealers Mike (†40) müssen sich sechs Lausanner Polizisten vor der Waadtländer Justiz verantworten. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen die Beamten wegen fahrlässigen Tötung eingereicht. Sie stehen am Montagmorgen in Renens VD vor Gericht. Ihnen wird fahrlässige Tötung im Zusammenhang mit Mikes Tod vorgeworfen.

Der Nigerianer war 2018 bei einer Aktion der Polizei gegen den Drogenhandel an einem Herzstillstand gestorben. Mike widersetzte sich den Polizeibeamten. Er wurde überwältigt, mit Handschellen gefesselt und brach daraufhin zusammen.

Er starb am nächsten Tag, nachdem er vor Ort notversorgt und anschliessend ins Universitätsspital Chuv in Lausanne gebracht worden war. Die Polizei gab an, dass sie nach seinem Zusammenbruch Kokainkügelchen neben seinem Gesicht und in seinem Mund gefunden habe.

Überdosis konnte ausgeschlossen werden

Eine Autopsie ergab, dass er einen Herzstillstand erlitten hatte, weshalb eine Überdosis ausgeschlossen wurde. Die Obduktion ergab ausserdem, dass der Nigerianer kein Kokain in seinem Blut hatte.

Der mit Spannung erwartete Prozess findet im kantonalen Gerichtssaal in Renens statt, wo sich am Montag kurz nach 9 Uhr etwa 80 Personen drängten. Unter den Zuschauern befanden sich unter anderem der Kommandant der Lausanner Stadtpolizei, Olivier Botteron, sowie einige Waadtländer Politiker.

Der erste Tag ist der Befragung der Parteien gewidmet. Am Dienstag werden Zeugen gehört, während die Plädoyers für Mittwoch angesetzt sind.

Fall sorgt für Wirbel in der Romandie

Die Anwältin eines der sechs Polizisten hat angegeben, dass die Angeklagten auf Freispruch plädieren werden. «Zwei gerichtsmedizinische Gutachten sind zu dem Schluss gekommen, dass es unmöglich ist, zu beweisen, dass der Polizeieinsatz die Ursache für den Tod war», sagte die Verteidigerin Odile Pelet im Januar der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Der Fall hatte in der Romandie für grosses Aufsehen gesorgt und Bestürzung ausgelöst. In den Strassen von Lausanne fanden mehrere Demonstrationen statt. Aktivisten forderten Gerechtigkeit für Mike und prangerten Rassismus und Polizeigewalt an. Am Ende der drei Prozesstage wird das Strafgericht des Bezirks Lausanne zu beurteilen haben, ob die sechs Polizisten verhältnismässig reagiert haben oder nicht. (nad/SDA)

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