Die Skandal-Beiz Walliserkanne ist nach wie vor das Thema Nummer eins in Zermatt VS. «Ich mag schon gar nicht mehr darüber reden», heisst es von vielen Einheimischen. Sie haben die Nase gestrichen voll von den Demonstrationen und besonders von den Freiheitstrychlern. «Die machen einen riesigen Lärm, dabei ist ja gar niemand hier. Es ist Zwischensaison, schlechtes Wetter, und daher sind sowieso kaum Touristen da», so der Tenor.
Über die Verhaftung der Wirte am Sonntagmorgen sei der Grossteil der Einwohner und der Gastronomen erleichtert, meint ein Zermatter zu Blick. «Wir sind sehr froh, dass wir durch das Zertifikat endlich wieder normal arbeiten können. Uns steht eine fantastische Wintersaison bevor. Die Hotels sind schon gut gebucht, und nach zwei schwierigen Corona-Jahren ist das endlich wieder ein Lichtblick, dass viele Touristen hierherkommen.» Dass die Beizer der Walliserkanne diese Saison nun zumindest vorläufig nicht mehr weiter gefährden könnten, liesse viele Leute in der Branche aufatmen.
«Um Geld müssen sich die nie Sorgen machen»
Laut getraut sich dies aber niemand zu sagen. «Die Betreiber der Walliserkanne sind sehr einflussreich», erzählt der gut vernetzte Dorfbewohner weiter. «Sie besitzen Anteile von mehreren Hotels sowie eine Kletterhalle. Um Geld müssen sich die nie Sorgen machen. Alle haben Angst vor Konsequenzen, wenn man über die redet.»
Das sei auch genau der Punkt, weswegen sich viele andere Restaurantbesitzer über die Skandal-Beizer ärgern würden. «Den Wirten der Walliserkanne ist das Geld egal. Das hat die auch nicht gestört, als sie wegen Corona eine Zeit lang schliessen mussten. Ihnen geht es ums Prinzip, die wollen einfach ihren Willen durchstieren», sagt die Quelle weiter. «Die anderen Gastronomen müssen aber Geld verdienen und könnten sich so etwas nie leisten.»
Schlechte Bewertungen auf Tripadvisor
Schon seit jeher habe die Wirtefamilie sehr eigene Ansichten sowie Prinzipien gehabt und sich so nicht nur Freunde gemacht. «Vor einigen Jahren wurde das Restaurant in der Familie neu aufgeteilt, von da an ging es bachab.» Auch ein anderer Dorfbewohner bestätigt: «Einheimische sind dort nicht mehr essen gegangen.»
Das Restaurant habe sich in den letzten Jahren zu einer «Touristenfalle» entwickelt. Tatsächlich liest man auch auf der Onlineplattform Tripadvisor viele schlechte Bewertungen – von vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Ein Gast schreibt zum Beispiel, er habe auf Nachfrage der Bedienung die Qualität des servierten Bergkäses moniert, und dies habe schliesslich zu einer lautstarken Diskussion geführt: «Der Seniorchef schrie uns an und bedrohte uns mit den Fäusten. Wenn wir das Lokal nicht augenblicklich verlassen würden, werfe er uns hinaus. Da bekamen wir Angst und verliessen das Lokal. Einer der beiden Juniorchefs versuchte draussen noch einmal mit uns ins Gespräch zu kommen. Wir hatten genug, und zudem war es uns zu gefährlich.»
«Wir hoffen einfach, dass bald Ruhe einkehrt»
Seit Ausbruch der Pandemie wird auf der Plattform bei der Walliserkanne besonders über das Thema Corona fokussiert, wobei nun die Kommentarspalte aufgrund der aktuellen Ereignisse geschlossen wurde.
Auch die Skandal-Beiz selbst blieb am Montag zu. Wie es damit nun weitergeht, ist noch unklar. Ein anderer Zermatter meinte zu Blick: «Wir hoffen einfach, dass bald Ruhe einkehrt. Das ist keine gute Werbung für uns.»
Droht Mario Julen jetzt eine Anzeige?
Das hofft auch der Walliser Unternehmer und Philosoph Mario Julen (58). Er sagt: «Langfristig wird Zermatt keinen Imageschaden davontragen. Am Ende ist auch eine negative Schlagzeile Werbung für unser Dorf.» Für ihn selbst dürfte die ganze Sache aber möglicherweise noch ein Nachspiel haben.
Der Bergführer erzählte am Sonntag nämlich, dass die Verhaftung der Wirtefamilie äusserst gewaltvoll abgelaufen sei. Die Kantonspolizei Wallis kündigte einen Tag nach den Gewaltvorwürfen gegenüber Blick an: «Wir distanzieren uns in aller Form von diesen Vorwürfen. Der Einsatz der Polizei lief verhältnismässig ab. In diesem Zusammenhang prüfen wir derzeit, rechtliche Schritte einzuleiten.»
Die Wirtefamilie selbst war für eine Stellungnahme gegenüber Blick am Montag nicht zu erreichen. Gemäss dem Co-Präsidenten der Skeptiker-Bewegung «Mass-voll», Nicolas Rimoldi, würden die drei Verhafteten, Ivan A. und seine Eltern, nach wie vor in Haft sitzen. Auf Twitter schrieb der Luzerner: «Laut dem Anwalt der Familie sitzen die Freiheitshelden von Zermatt bis mindestens Ende Woche in Haft.» Auch am Montagabend rief er daher wieder zu einer Kundgebung auf.