«Ich verstehe noch nicht alles auf Walliserdeutsch»
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Erster Schultag in Simplon VS:«Ich verstehe noch nicht alles auf Walliserdeutsch»

Sara Zwahlen (26) hatte am Montag ihren ersten Schultag als Lehrerin in Simplon Dorf
Walliserdeutsch muss sie erst noch lernen

Sie hat sechs Walliser Kinder vor einem langen Schulweg bewahrt: Die Ostschweizerin Sara Zwahlen (26) hat den verzweifelten Aufruf der Primarschule von Simplon Dorf VS im Blick gesehen und ihre Koffer gepackt. Blick hat die neue Lehrerin an ihrem ersten Tag begleitet.
Publiziert: 16.08.2021 um 20:35 Uhr
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Aktualisiert: 16.08.2021 um 21:56 Uhr
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Treffpunkt Turnhalle: Die ganze Schule mit insgesamt 16 Kindern hat sich am Montagmorgen versammelt zum gemeinsamen Kennenlernen.
Foto: Luisa Ita
Luisa Ita und Ramona Schelbert

In Simplon Dorf VS ist am Montag eine neue Ära angebrochen. Weil der bisherige Lehrer nach 39 Jahren in Rente gegangen ist, steht nun jemand Neues an der Wandtafel: Sara Zwahlen (26) aus Balgach SG.

Die Ostschweizerin hat dank Blick den Weg ins Wallis gefunden. Vor einigen Monaten suchte die kleine Primarschule verzweifelt nach einer Lehrperson. Die Gemeinde lockte gar mit einer Gratis-Wohnung und einem Elektroauto. Trotzdem meldete sich niemand. Der Mischklasse drohte somit die Schliessung, den Kindern ein langer Schulweg vom abgelegenen 297-Seelen-Ort auf 1476 Metern ü. M. bis ins Tal.

Grosse Nervosität und wenig Schlaf

So startete Blick einen schweizweiten Aufruf – mit Erfolg! Eine Freundin von ihr habe das ungewöhnliche Stelleninserat entdeckt, sagte die frischgebackene Lehrerin damals im Interview direkt nach dem Zuschlag: «Ich arbeite nebenbei noch in einem Pferdestall. Dort ist sie auf mich zugekommen und hat mich gefragt, ob ich schon eine Stelle für nach dem Studium habe. Dann hat sie mir von dem Artikel erzählt.»

In der Nacht auf den ersten Schultag hat die neue Lehrerin nur wenig geschlafen, auch die Kleinen wirken nervös. Kurz nach acht Uhr versammeln sich alle 16 Kinder der Mini-Schule in der Turnhalle. Ganz schüchtern setzen sie sich in den Kreis.

Wenn sich Walliser und Ostschweizer unterhalten

Gesammelt geht es nach ersten Kennenlernspielen mitsamt den Eltern in die Kirche zur Messe, wie es im Örtchen zum Schulbeginn üblich ist. «Das macht mir nicht so viel Spass», meint die Fünftklässlerin Camila (10). Was sie viel lieber mag: auf dem Pausenplatz herumtoben, wie sie es nach der Predigt auch darf.

Zurück im Klassenzimmer gilt es, die Lehrerin näher kennenzulernen. Das ist aber gar nicht so einfach. «Was bedeutet dieses Wort, das sie gerade gesagt haben?», fragt Lucia (10), als die Ostschweizerin über ein mitgebrachtes Plüsch-Pferd redet und erzählt, dass sie es manchmal als Kissen nutzt. «Wir sagen ‹Chüssi› zum Kissen», erklärt Zwahlen und die Dritt- bis Sechstklässler lachen. «Wir sagen ‹Chischi›!»

Freude herrscht!

Schmunzelnd meint die St. Gallerin nach dem ersten Morgen: «Ich verstehe auch noch nicht ganz alles, aber das werde ich bestimmt noch lernen.» Erleichtert freut sie sich über den gelungenen Start und ihr neues Daheim im idyllischen Bergdorf, in dem sie vorerst wohl für ein Schuljahr bleiben will.

Und mit ihrer Freude ist sie nicht allein – die sechs Schüler schwärmen schon von der «coolen» neuen Lehrerin, und Schulleiter Ewald Walker (59) sagt zu Blick: «Mit Sara Zwahlen haben wir den Hauptgewinn gelandet!»

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