Homophobe Attacke nach Nati-Match
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Fahrerin geschlagen:Homophobe Attacke nach Nati-Match

Fahrerin geschlagen
Homophobe Attacke nach Nati-Match im Wallis

Nach dem Sieg der Schweiz gegen Frankreich feierten drei Mitglieder der LGBT-Community in Martigny VS mit einer Regenbogenfahne – und wurden Opfer einer homophoben Attacke.
Publiziert: 01.07.2021 um 11:54 Uhr
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Aktualisiert: 01.07.2021 um 12:02 Uhr
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Am Montagabend feierten die drei Freunde den Sieg der Schweizer Fussballmannschaft mit einer Regenbogenfahne.
Foto: DR
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Amit Juillard

Montagabend, 23.45 Uhr: Die Schweiz hat soeben die grosse französische Mannschaft bei der EM geschlagen. Jubelszenen und Hupkonzerte im ganzen Land. Die Party ist multikulturell: Schweizer, kosovarische, albanische und italienische Flaggen wehen. Und in Martigny VS, auf einem gelben VW, eine Regenbogenfahne.

Plötzlich werden die drei Insassen von Männern attackiert, wie ein Video zeigt – die Angreifer prügeln auf sie ein! Kelly, eine 23-jährige pansexuelle Frau aus Martigny, trägt ein blaues Auge davon. Am Mittwochnachmittag geht sie ins Spital, sie vermutet eine Gehirnerschütterung.

Kelly und Laurent, ihr Beifahrer, zu Blick: «Meine Freundin und ich wollten einen Freund am Bahnhof abholen. Wir gerieten in die Kolonne der Fahrzeuge, die den Sieg feierten. Wir hatten eine Regenbogenfahne im Auto, weil wir am Tag zuvor beim Start der Kampagne ‹Ehe für alle› gewesen waren. Als wir all die verschiedenen Flaggen sahen, beschlossen wir, sie zu zeigen!» Gesagt, getan. Und damit beginnt der Ärger.

Liebe und ... Hass, meistens

Viele der feiernden Nati-Fans goutierten das nicht. «Wir haben auch Botschaften der Liebe erhalten. Aber wir erlebten eine ständige Flut von Hass», sagt Laurent, der schwul ist. Männer hätten ihre Zigarettenstummel nach ihm geworfen. Sie schrien die kleine Gruppe an: «Scheiss-Schwuchteln, geht nach Hause!» Einige drohten ihnen mit dem Tod, fuhren mit ihren Fingern über ihre Hälse, als wollten sie ihnen die Kehle durchschneiden. Die Tortur war damit noch nicht zu Ende.

Die drei Freunde kamen zu einem grossen Kreisel. «Dort warnte uns ein Mädchen im Vorbeigehen: ‹Ihr werdet getötet›», erinnert sich Kelly. Ein paar Augenblicke vergehen. «Fünf oder sechs von ihnen kamen, um uns die Flagge wegzunehmen. Das ist ihnen nicht gelungen. Sie versuchten, Laurent aus dem Auto zu holen, der sich an den Sitz klammerte. Das ist ihnen nicht gelungen. Und dann habe ich meinen Kopf gedreht und wurde von einem Typen in einem Adidas-Trainingsanzug mehrmals ins Gesicht geschlagen.»

Kelly fand den Schläger via Snapchat

Am Dienstagmorgen geht Kelly zur Kantonspolizei, um eine Anzeige zu erstatten. Die Polizei bestätigt gegenüber Blick den Schritt, äussert sich aber nicht zu den Details: «Die Ermittlungen sind im Gange.» Kelly nahm die Sache selbst in die Hand, fand über soziale Medien den mutmasslichen Täter. «Einer seiner Freunde gratulierte ihm auf Snapchat, indem er seinen Vornamen nannte», sagt sie.

Kelly teilte den Vorfall über soziale Medien. «Ich habe viele Nachrichten der Unterstützung erhalten. Aber es gibt viele Faschos, die mich auf Instagram adden und auf einigen Accounts kursieren Drohbotschaften. Sobald ich mein Haus verlasse, habe ich Angst. Ich traue mich nicht mehr, einkaufen zu gehen. Letzte Nacht wurden wir wieder von Männern vor einer Bar bedroht. Aber tief im Inneren ist es mir egal. Mein Kampf wird nicht aufhören, auch wenn ich niedergerissen oder erschossen werden muss. Wir haben das Recht zu leben.»

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