Am 27. Juni besuchte Camilla T.* (21) trotz Corona-Erkrankung und einer verfügten Isolation eine Party im Parktheater Grenchen SO. Später besuchte sie einen Club. Daraufhin mussten 280 Menschen in Quarantäne. Eine Person wurde positiv auf Corona getestet. Der Kanton Solothurn reichte eine Strafanzeige gegen Camilla T. ein. Sie wehrte sich und leitete über ihren Anwalt ein Aufsichtsbeschwerdeverfahren gegen das Contact-Tracing-Team ein. Darin wird behauptet, das Contact-Tracing-Team habe sie am Telefon fehlerhaft informiert.
Zwei Monate später meldet der Kanton Solothurn: Die Beschwerde ist abgewiesen. Das Contact-Tracing-Team habe alles richtig gemacht.
Über Quarantäne-Dauer erkundigt
Camilla T. habe sich am 22. Juni testen lassen und ein positives Corona-Resultat erhalten, schreibt der Kanton. Am darauffolgenden Tag habe «eine ärztliche Person des kantonsärztlichen Dienstes die Dauer der Isolation aufgrund des unklaren bzw. nicht mit Sicherheit feststellbaren Auftretens der ersten Symptome bis und mit 1. Juli 2020 verbindlich festgehalten».
Gemäss eigener Aussage habe sich Camilla T. einen Tag nach der Anordnung bei der zuständigen Mitarbeiterin des kantonalen Contact-Tracing-Teams über die Restdauer der Quarantäne erkundigt. Dabei habe sie einerseits angegeben, bereits wieder symptomfrei zu sein und andererseits, erste Symptome bereits am 16. Juni 2020 wahrgenommen zu haben. Camilla T. sagt, ihr sei bei diesem Telefongespräch mitgeteilt worden, dass ihre Isolation bereits am 26. Juni 2020 endet. Einen Tag, bevor sie in den Ausgang ging.
Kanton machte keine Notizen
Dies könne aber nicht sein, schreibt der Kanton. Denn laut den Vorgaben müssten ungewöhnliche Gespräche in Form von Gesprächsnotizen dokumentiert werden. Dazu würde eine Quarantäne, die viel zu früh endet, sicher gehören. Weil keine solche Notiz gefunden wurde, geht der Kanton davon aus, dass Camilla T. die korrekten Informationen erhalten hat und ihr kein früheres Isolations-Ende bestätigt wurde. Zudem könne die Isolationsdauer bei verändertem Krankheitsverlauf nur nach Rücksprache mit einem Arzt des kantonsärztlichen Dienstes angepasst werden, fügt die Solothurner Staatskanzlei an. Ebenso müsste nach einer allfällig angepassten Anordnung eine neue Bestätigung per Mail gesendet werden, was in dem Fall nicht geschehen sei.
Anwalt wehrt sich
«Für das Strafverfahren bedeutet der Entscheid nichts», sagt Andreas Kummer, Anwalt von Camilla T, zu BLICK. Der Vorwurf, dass ihr das frühere Ende der Isolationsdauer durch eine Contact-Tracing-Team-Mitarbeiterin mündlich mitgeteilt worden sei, sei nicht beseitigt. Das Amt würde auch nicht ausdrücklich dementieren, eine solche Auskunft gegeben zu haben. «Die fehlende Protokollierung weist zudem auf ein Versäumnis der zuständigen Behörde hin», sagt Kummer.
Was am Telefon genau gesagt wurde, wird im Strafverfahren geklärt. Seine Mandantin würde es sich vorbehalten, eine Schadenersatzklage gegen den Kanton einzureichen, sagt Kummer. (vof)
*Name geändert