Auf der Weide ziert die Glocke den Hals einer Kuh – für dieses Bild ist die Schweiz auf der ganzen Welt bekannt. Doch was deren Bimmeln für den einen nützlich und Tradition ist, empfinden andere als unerträgliche Lärmbelästigung.
In Berikon AG hat dieser Konflikt Markus Hüsser veranlasst, bei der Gemeinde eine Beschwerde einzureichen. Als der Anwohner dort erfolglos bleibt, wendet er sich an den Kanton und fordert: «Die Nachtruhe soll auch für Kuhglocken gelten.»
«In den Ferien habe ich sogar von daheim fliehen müssen»
Walter Brechbühl ist Landwirt im kleinen Aargauer Dorf. Er lässt seine Kühe zeitweise 24 Stunden auf der Weide grasen. Das an sich würde niemanden stören – wären da nicht die Glocken, die bei jeder Bewegung der Tiere laut bimmeln. Sie sind es, die Markus Hüsser auf die Barrikaden steigen lassen.
Für Hüsser ist die Kuhglocken-Tradition ein Ärgernis, denn sie raubt ihm den Schlaf. Zum SRF sagt er: «In den Ferien habe ich sogar von daheim fliehen müssen, um Ruhe zu haben.»
Meinung zu Kuhglocken gespalten
Die Nachtruhe ab 22 Uhr gilt bei der Gartenparty, nicht aber für das Gebimmel – das findet der Anwohner nicht richtig. Deswegen fordert er bei der Gemeinde: Auch für Kuhglocken soll um diese Zeit Feierabend sein.
Der Gemeinderat blockt die Forderung des Anwohners ab, denn die Meinungen der Einwohner sind geteilt. So habe es Petitionen für und gegen das Läuten der Kuhglocken gegeben.
Kanton entscheidet: Nachtruhe für Kuhglocken soll gelten
Hüsser lässt nicht locker und wendet sich mit seiner Beschwerde an den Kanton – diesmal mit Erfolg. Das zuständige Aargauer Departement entscheidet, dass auch für die Kuhglocken eine Nachtruhe gelten soll.
Im Entscheid, der SRF vorliegt, heisst es unter anderem: «Aus unserer Sicht liegen keine überwiegenden, öffentlichen Interessen vor, und es ist wahrhaftig nicht notwendig, dass die Tiere aus Sicherheitsgründen Glocken tragen müssen (keine Gefahr für Entlaufen der Tiere).»
Aber der Entscheid gelte im Prinzip nicht für alle, sondern nur für eine bestimmte Weide, schreibt SRF. Trotzdem: Für den Beriker Gemeindeammann ist klar: Das Polizeireglement muss angepasst werden. Die Nachruhe soll für alle Kuhweiden gelten, die sich in der Nähe von Wohngebieten befinden.
Bauer gibt nach
Der betroffene Bauer Brechbühl akzeptiert den Entscheid. Sich dagegen wehren, das will er nicht: «Was solls», meint er. Dann lasse er seine Kühe eben Tag und Nacht ohne Glocken draussen grasen.
Seitens des Aargauer Bauernverbands heisst es vom Geschäftsführer Ralf Bucher: «Ich glaube, man darf nicht stur an etwas festhalten.» Würde eine Weide ganz nah an einem Wohngebiet liegen, so müsse man auf die Beschwerden der Anwohnerinnen und Anwohner eingehen und die Kühe nachts – entgegen der Tradition – eben ohne Glocken grasen lassen. (une)