Nathalie Ruckstuhl (20) will sich nicht impfen lassen
«Es ist eine Bauchentscheidung»

Sie will sich partout nicht impfen lassen und zahlt dafür einen hohen Preis: Nathalie Ruckstuhl aus dem Zürcher Oberland. Die Frau hat Angst vor den gesundheitlichen Folgen einer Impfung – eine Angst, die ihr selbst Ärzte nicht nehmen können.
Publiziert: 23.11.2021 um 00:21 Uhr
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Aktualisiert: 05.12.2021 um 06:32 Uhr
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Regelmässige Tests gehören zum Alltag von Nathalie Ruckstuhl (20) aus dem Zürcher Oberland. So kommt sie zu ihrem G für ihren Arbeitgeber.
Foto: Nathalie Taiana
Michael Sahli und Benjamin Fisch

Nathalie Ruckstuhl (20) aus dem Zürcher Oberland gehört zu den rund 30 Prozent der Schweizer, die nicht geimpft sind. Sie lebt ein ganz normales Leben, geht ihrer Arbeit nach, trifft sich mit Kollegen, mag Reisen. «Es ist eine Bauchentscheidung, ich habe einfach kein gutes Gefühl dabei», sagt die Praktikantin einer Informatik- und Kommunikationsfirma. Eine Verschwörungstheoretikerin will sie nicht sein. Blick hat die junge Frau in ihrem Alltag begleitet. Und versuchte zu verstehen: Was bewegt die Impfskeptikerin?

Klar ist: Der Preis, den sie für ihre Entscheidung zahlt, ist hoch, wie sie beim Spaziergang mit ihrem Pferd erzählt. Es ist Ende Oktober, die Ansteckungen mit Corona ziehen wieder an, und die Massnahmen wurden strenger. Seit der Einführung der Zertifikatspflicht kann Ruckstuhl zum Beispiel nicht mehr so oft ins Fitness. Denn die ständigen Tests sind ihr schlicht zu teuer. Nachdenklich sagt sie zu Blick: «Ich bin jetzt viel im Oberland und weniger in der Stadt.» Im Vergleich zu vor Corona-Zeiten sei sie viel mehr zu Hause.

Sie versucht das Beste daraus zu machen

Um einen regelmässigen Nasenabstrich kommt sie trotzdem nicht herum. An ihrer Arbeitsstelle herrscht Zertifikatspflicht. Und im Homeoffice kann sie nicht jeden Tag bleiben. «Ich habe etwa einen Test pro Woche gemacht. Und wenn ich schon ein Zertifikat habe, nutze ich es auch gleich, um ins Restaurant und in den Ausgang zu gehen.»

Das Gefühl, von der Gesellschaft ausgeschlossen zu sein, sei trotzdem da. Aber sie versuche das Beste daraus zu machen: «Du entscheidest selber, wie du damit umgehst. Ich habe zum Glück ein tolerantes Umfeld. Manche Freunde beteiligen sich an meinen Testkosten. Oder wir treffen uns draussen.»

Verunsicherung wegen schneller Zulassung

Der finanzielle und zeitliche Aufwand für die Tests und die erschwerte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben können sie nicht zum Umdenken bewegen. Ruckstuhl glaubt fest: Sie tut das für ihre Gesundheit. «Ich habe Herzprobleme und habe Angst, dass mir die Impfung schaden könnte. Meine Gesundheit ist mir wichtiger als meine Freiheit.» Dass die Impfstoffe in der Schweiz in ordentlichen Verfahren zugelassen wurden und sie vor einer Erkrankung schützen, überzeugt sie nicht.

«Es ist halt ein Gefühl»

Auch ihr Arzt kann sie nicht überzeugen, er hat ihr die Impfung dringend empfohlen. «Es ist vor allem ein Gefühl», begründet Ruckstuhl ihre Haltung. Medizin sei nicht ihr Fachgebiet. Dazu komme: «Ich habe Corona bereits im November 2020 durchgemacht und habe darum sicher noch Abwehrkörper.» Für ein ordentliches Zertifikat liegt die Ansteckung zu weit zurück. Durch die regelmässigen Tests sehe sie auch kein Ansteckungsrisiko für andere.

Der Impf-Graben geht mitten durch Ruckstuhls Familie. Wie die Tochter ist auch der Vater medizinisch vorbelastet. Und hat sich, im Gegensatz zur Tochter, impfen lassen. Die Mutter ist jedoch ungeimpft. «Wichtig ist, dass man tolerant ist. Darum ist die Impfung bei uns auch kein grosses Thema», sagt Nathalie Ruckstuhl.

Stunden der Unbeschwertheit fand Ruckstuhl auf einem Städtetrip nach Dänemark Ende September. Blick traf die 20-Jährige am Flughafen Zürich vor dem Abflug in die «Freiheit», wie sie es nannte. Damals waren in Dänemark die Corona-Massnahmen für kurze Zeit weitgehend aufgehoben – ein Paradies für ungeimpfte Touristen wie Nathalie Ruckstuhl. Den Zusammenhang mit der hohen Impfquote sieht auch Ruckstuhl. An ihrem Bauchgefühl mag das aber nichts ändern: «Ich werde mich nicht impfen lassen.»

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