Der grösste Gegner der Schweizer Armee heisst zurzeit Corona. Die Ansteckungen häufen sich, und immer wieder beklagen sich Rekruten über die laschen Massnahmen. Denn die Bedingungen sind für das Virus geradezu ideal. Viele Menschen, die gemeinsam jede Menge Zeit auf engstem Raum verbringen. Erst Anfang März machte Jürg R.* (20) die Armee für seine Corona-Infektion verantwortlich. Er absolviert seine RS bei der Artillerie auf dem Waffenplatz Bière VD.
Nun melden sich erneut Rekruten zu Wort. Wieder vom Standort Bière VD. Und wieder soll die Armee es nicht ganz so genau nehmen mit der Quarantäne. Konkret geht es um die Kompanie 4 der Inf RS 2-1 am Pass Pierre du Moëllé. Bei den Spähern seien vorletzte Woche nach einem positiven Test eines Rekruten anstatt eines ganzen Zuges nur die Bewohner eines Zimmers in Quarantäne gesteckt worden. Dies, obwohl es zuvor Kontakt gab mit dem Infizierten, heisst es.
Die Konsequenz: Das Virus breite sich weiter aus. Und die Rekruten würden die Welt nicht mehr verstehen. Sie hätten das Gefühl, dass man mit ihrer Gesundheit spiele. Zudem würden sie sich Sorgen machen, wann sie das nächste Mal wieder nach Hause dürften.
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Und nicht nur das: Trotz der Ausbrüche würde die Ausbildung weitergehen. Zum Beispiel auf dem Schiessplatz. Auch die Vorgesetzten der Rekruten würden das angeblich nicht verstehen. Aber trotz Corona weiterzumachen, sei eben «ein Befehl, der von oben komme», so der Tenor vor Ort. Ein Vorgesetzter soll sogar gesagt haben: «Wir können uns Quarantänen bei dieser Elite-Ausbildung nicht leisten.»
Einzelne Massnahmen sind für Rekruten nicht immer nachvollziehbar
«So ein Quatsch. Die Corona-Regeln gelten für alle. Da werden keine Ausnahmen gemacht», sagt Armeesprecher Daniel Reist gegenüber BLICK. Zudem handle es sich nicht um eine Elite-Ausbildung, stellt er klar.
Die Quarantäne-Massnahmen seien stets mit den Fachärzten vor Ort abgesprochen und würden konsequent umgesetzt. Der Sinn einzelner Massnahmen sei dabei für die Rekruten nicht immer nachvollziehbar. So sei auch erklärbar, wieso manche Rekruten auf den Schiessplatz könnten. «Quarantäne bedeutet lediglich, dass möglicherweise Kontakt zu einem Infizierten bestand. Und nicht, dass die Personen auch tatsächlich infiziert sind.» Daher sei völlig klar: «Wer in Quarantäne ist, der kann auch schiessen.»
Gleichzeitig räumt Reist ein, dass der Standort Bière VD sich zu einem Hotspot entwickle. «Wir haben dort hohe Zahlen. Das macht uns tatsächlich etwas Sorgen.» Das Virus dürfte durch Ferienrückkehrer eingeschleppt worden sein. Dass die Rekruten Bedenken haben und sich teilweise unwohl fühlen, kann der Armee-Sprecher verstehen. Es sei keine leichte Zeit, und man müsste versuchen, das Beste daraus zu machen. Die Armee würde aber natürlich auf die Gesundheit der Rekruten achten.
* Name geändert