«Sind besorgt über den sehr niedrigen Grundwasserspiegel»
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«Wir haben grosse Sorgen»:Bauer Andrea Zanini (50) zeigt Blick sein ausgetrocknetes Feld

Endlich Regen in der Sonnenstube – Tessiner Bauern jubeln
«Mir fällt ein Fels vom Herzen»

Die Rekorddürre ist beendet. Im Tessin regnet es wieder. Berghänge, Felder, Wiesen – alles ist grün. Trotz der Freude ist der Optimismus für ein gutes Erntejahr bei den Landwirten noch eher zaghaft.
Publiziert: 08.05.2023 um 20:09 Uhr
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Für Ausflügler wie die junge Frau am Ufer des Luganersees ist das aktuelle Wetter im Tessin weniger erfreulich. Für die Landwirtschaft bringt der Regen nach der Rekorddürre endlich Segen.
Foto: Ti-Press
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Myrte MüllerAussenreporterin News

Regen, Sonne, Regen. Im Tessin herrscht Aprilwetter mit Niederschlägen bis zu 80 mm. Dazwischen reissen auch immer wieder die Wolken auf. Was so manchen Ausflügler nervt, lässt bei anderen die Herzen höher schlagen. Der Wetterwechsel kommt der Landwirtschaft gerade recht. Seit Dezember 2021 regnete es kaum. Das Tessin erlebte eine Rekord-Dürre. Viele Bauern standen vor dem Aus. So auch Andrea Zanini (50). Die Futterproduktion aus Mais ging um 90 Prozent zurück. Vom Heu erntete der Landwirt nur 20 Prozent. Er musste fast alle Mutterkühe verkaufen. Die Situation war verzweifelt.

Der Frühling 2023 versöhnt. Endlich regnet es. Und das nun schon seit gut Mitte April. Jetzt ist alles grün auf den 30 Hektaren seines Hofs in Novazzano TI. Und Zanini kann es kaum glauben. «Wasser ist Leben», philosophiert der Tessiner und mag seinem Glück kaum trauen. «Der Klimawandel macht das Wetter so unberechenbar. Wir wissen ja nicht, wie der Sommer sein wird. Ob die Ernte gut wird oder nicht, können wir erst im September wissen».

Endlich wieder Schnee auf den Bergen

«Drei Tage Regen, drei Tage Sonne. Dann wächst das Grün und das Heu kann auch trocknen», sagt Andrea Zanini. So wie jetzt sei es perfekt. Doch zu früh freuen will sich der Bauer auch nicht. «Die Getreidespeicher sind leer und das Grundwasser ist noch immer viel zu niedrig.»

Zufrieden schaut Bergbauer Marzio Coppini (46) auf die Berge des Maggiatals. Noch vor einem Jahr war sein Blick aufs Jahr voller Sorgen. Jetzt schwingt in seinen Worten Hoffnung mit. «Wir haben endlich wieder Schnee über 2000 Meter Höhe. Das ist ein guter Wasserspeicher», so der Viehbauer, «wenn das so weitergeht, dann können wir sogar früher ernten und die Herden früher im Jahr auf die Alpen treiben.» Dort gebe es dann endlich wieder gutes Futter. Noch vor ein paar Wochen waren die Hänge braun, die Weiden knochentrocken und die Flussbetten leer. Es grünt und blüht, die Bäche füllen sich – so als habe es nie eine Dürre gegeben. «Die Natur wartet geduldig, dann legt sie los», stellt Coppini fest. Er jedenfalls sei überglücklich.

Das Aprilwetter hält noch mindestens eine Woche an

Selten hätten die Wetterprognosen so viel Freude gemacht, sagt Sem Genini (46), «als Regen angekündigt wurde, ist mir ein Fels vom Herzen gefallen». Der Sekretär des Tessiner Bauernverbandes ist dankbar auch dafür, dass der Regen nicht in einer Menge kam, die zu Überflutungen führte. «Bislang gab es keine Schäden. Es hätte auch schlimmer kommen können, wenn man sich die jüngsten Unwetter-Bilder in Norditalien vor Augen hält».

Gute Nachrichten gibt es derweil von den Meteorologen. «Der Trend hält noch sicher eine Woche an», sagt Geraldine Zollinger (27) von Meteo News, «die Trockenheit ist nun kein Thema mehr. Die Natur erholt sich.» Typisches Frühlingswetter, so die Meteorologin. Selten war die Freude darüber in der Sonnenstube so gross.

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