Am Donnerstag ist ein Zug im Gotthardtunnel entgleist. Grund war ein Fehler am Zug. Es kommt in den nächsten Tagen zu erheblichen Verkehrseinschränkungen. Was wir über das Unglück wissen.
Was ist geschehen?
Am Donnerstag, kurz nach 12.45 Uhr, ist im Gotthardtunnel ein in Richtung Norden fahrender Güterzug bei der Multifunktionsstelle Faido TI entgleist. Bei der Multifunktionsstelle Faido handelt es sich um eine von zwei Nothaltestellen innerhalb des 57 Kilometer langen Tunnels. Dort besteht für die Züge die Möglichkeit, von einer auf die andere Tunnelröhre zu wechseln. Ferner befinden sich dort Anlagen für den Betrieb und Unterhalt des Tunnels.
Hier ereignete sich das Unglück
«Es ist ein Güterzug an der Multifunktionsstelle entgleist, und zwar dort, wo es auch eine Weiche gibt», stellte Rudolf Büchi, stellvertretender Leiter Infrastruktur der SBB, am Freitag bei einer Medienkonferenz klar.
Der Güterzug war mit 100 km/h unterwegs. Teile des Gleises wurden von der Wucht der Güterwagen herausgerissen. Von 32 Wagen entgleisten 23. «Es wird einem mulmig, wenn man sieht, was für Kräfte dort gewirkt haben», sagte Büchi und ergänzte: «Es ist leider so ein grosser Unfall eingetreten, obwohl man davon ausgeht, dass es nur alle 100 Jahre passiert.»
Brisant: Es gibt eine Überwachungsanlage vor dem Tunnel in Claro TI. Diese habe aber keine Auffälligkeiten festgestellt.
Was hatte der Zug geladen?
Der Zug transportierte in mehreren Waggons Gefahrengut. Nach Angaben der Kantonspolizei Tessin sind diese jedoch nicht ausgelaufen und stellen keine Gefahr dar. Erheblicher Schaden entstand am Rollmaterial und der Infrastruktur. Verletzt wurde niemand, der Lokführer verliess aus Sicherheitsgründen den Unfallort schnellstmöglich. Ihm geht es den Umständen entsprechend gut. Mittlerweile sind die Gefahrgut-Waggons aus dem Tunnel entfernt worden.
Das Bundesamt für Strassen (Astra) definiert Gefahrengut als «Stoffe, welche eine gefährliche Eigenschaft für Mensch, Tier und Umwelt haben können». Der Transport von Gefahrengut ist strengen Vorschriften unterworfen. Gesetzlich geregelt sind diese in der Verordnung über die Beförderung gefährlicher Güter auf der Strasse (SDR) und der Gefahrgutbeauftragtenverordnung (GGBV).
Wie lange bleibt der Tunnel gesperrt?
Der Gotthardtunnel bleibt bis mindestens am kommenden Mittwoch, 24 Uhr, gesperrt. Die SBB empfehlen Reisenden, sich vor der Fahrt durch den Gotthard zu informieren. Personenzüge zwischen dem Norden und dem Süden werden in beide Richtungen über die Gotthard-Bergstrecke umgeleitet.
Was bedeutet die Sperrung für Reisende?
Reisende müssen rund eine Stunde mehr Fahrzeit einplanen. Zugausfälle können die SBB zudem nicht ausschliessen. «Aufgrund der Umleitungen über die Bergstrecke, des Ferienrückreiseverkehrs sowie der am Wochenende stattfindenden Street Parade wird es zu stark belegten Zügen kommen», heisst es. Es kann also vorkommen, dass man in der Bahn stehen muss. «Da wir keine Doppelstockzüge und keine Zusatzzüge einsetzen können, werden wir etwa 30 Prozent weniger Sitzplätze anbieten können», so Büchi. Von spontanen Reisen wird abgeraten. Immerhin: Spartickets werden weiterhin anerkannt.
Was sagt die Sust?
Fachleute untersuchen die Unfallstelle und prüfen, ob es mögliche Schäden an der Fahrbahn und Fahrleitung gibt. Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) wurde aufgeboten. Christoph Kupper, Leiter des Bereiches Bahnen und Schiffe, bestätigt Blick am Freitag, dass die Sicherheitsexperten in dem Fall ermitteln. «Wir haben eine Untersuchung eröffnet», sagte Kupper.
«Im Tunnel wurden Fragmente eines Rades gefunden, das einem Güterwagen zugeordnet werden konnte. Sobald ein Rad seine Spurführung verliert, kommt es zur Entgleisung», verriet Kupper ebenfalls. Die Gefahrgut-Wagen entgleisten laut Kupper nicht.
Die Ermittler tragen nun unterschiedlichste Daten zusammen. So werden unter anderem Fahrdaten, etwa die Geschwindigkeit des Zugs und Aufzeichnungen von Videokameras und der Zugleitstelle ausgewertet und Gesprächszusammenfassungen erstellt. «Wir schauen uns auch mögliche infrastrukturelle Unregelmässigkeiten und Temperaturmessungen an und überprüfen, ob die Verteilung des Gewichts der Wagen dem Soll-Profil entsprach», so der Sicherheitsexperte.
Die Daten der Überwachungsanlage in Claro TI konnte Kupper ebenfalls einsehen. Diese lagen im grünen Bereich. «Der Bruch des Rades muss sich also nach der Messstelle ereignet haben», schlussfolgert er. Bei der Ursache des Radbruchs will sich Kupper zum jetzigen Zeitpunkt nicht festlegen. «Das Rad könnte aufgrund einer Übermüdung gebrochen sein. Möglicherweise spielte aber auch ein Fremdkörper eine Rolle. Die genaue Ursache ist noch offen.» Die Bruchstücke werden jetzt näher untersucht.
Wie geht es jetzt weiter?
Die Aufräumarbeiten gestalten sich mühsam: Es dauert laut den SBB-Experten Stunden, auch nur einen einzigen der Wagen vom Unfallort wegzubringen. Ein Waggon hat zudem ein Spurwechsel-Tor schwer beschädigt. Die Neufertigung des Tores wird Wochen dauern. Es ist noch nicht absehbar, wann eine Rückkehr zum Vollbetrieb möglich ist. Das gesamte Ausmass für die Reisenden und den Güterverkehr lasse sich erst im Nachhinein eruieren, stellte SBB-Büchi klar.
Medienkonferenz beendet
Damit kommt die Medienkonferenz zum Ende. Auf Blick.ch halten wir dich weiter auf dem Laufenden über die Entgleisung im Gotthardtunnel.
Zwei Street Parade-Sonderzüge
Die SBB lässt Techno-Fans aus dem Tessin nicht im Regen stehen. «Es wird geprüft, ob die zwei Zusatzzüge, die zur Street Parade geplant waren, verkehren können. Sonst wird es keine Zusatzzüge geben», meint Büchi.
Genügend Loks und Lokführer vorhanden
Für den Güterverkehr über die Bergstrecke gebe es genug Loks und Lokführer, sagt Betschart Kühne. «Es wird Lösungen geben, da bin ich zuversichtlich», gibt sie sich optimistisch.
Verschiedene Wagentypen
«Diese Wagen haben bestimmt verschiedenen Wagenhalter, es gibt verschiedene Wagentypen», sagt SBB Cargo-Produktionsleiterin Betschart Kühne. Man kläre derzeit ab, wer die Wagenhalter seien.
Spartickets werden anerkannt
Reisende werden am Wochenende starke Nerven brauchen. «Es wird Stehplätze geben, weil das Angebot wirklich limitiert ist», kündigt Büchi an. Und: Spartickets werden anerkannt.
«Es musste kein anderer Zug evakuiert werden»
Wie viele Züge und Güter von der Sperrung des Gotthardtunnels betroffen sind, lasse sich erst im Nachhinein eruieren, sagt Büchi. «Es gibt keine Eskalation auf der Kundenseite», sagt SBB-Cargo-Produktionsleiterin Betschart Kühne.
Waren während des Vorfalls in der zweiten Röhre Personen- oder andere Züge? «Es musste kein anderer Zug evakuiert werden», weiss Büchi.
«Für die Sicherheit des Transports ist SBB Cargo verantwortlich»
«Für die Sicherheit des Transports ist SBB Cargo verantwortlich», sagt Isabelle Betschart Kühne. Für den Inhalt der Wagen sei der Wagenhalter verantwortlich, ergänzt sie.
So sehen die Alternativrouten für den Güterverkehr aus
Wie sehen die Alternativrouten für den Güterverkehr aus? Wagen unter vier Meter Höhe werden über die Bergstrecke umgeleitet. Der Rest muss auf der Strasse transportiert werden.
Einen einzigen Wagen vom Unfallort wegzubringen, dauert Stunden
«Von den 32 Wagen des Zugs sind 23 Wagen entgleist», sagt Büchi. Es dauere Stunden, auch nur einen einzigen der Wagen vom Unfallort wegzubringen. Der Verkehr kann zudem erst wieder durch die zweite Röhre fliessen, wenn das Verbindungstor repariert ist.
Darum krachten die Wagen gegen das Tor
Wie konnte es passieren, dass die Wagen gegen das Tor fuhren? Eine Weiche wurde durch einen der Wagen, die sich jetzt noch im Tunnel befinden, beschädigt. Im Anschluss wurden die dahinterliegenden Wagen abgelenkt und krachten gegen das Tor.
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