Technologie-Krieg: Schweiz zwischen den Fronten
Trump vs. Swisscom

US-Präsident Trump verlangt von westlichen Staaten, die Technologie des chinesischen Konzerns Huawei zu verbannen. Die Schweiz kommt unter Druck.
Publiziert: 19.09.2020 um 23:50 Uhr
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Aktualisiert: 25.09.2020 um 16:50 Uhr
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US-Präsident Donald Trump verlangt von westlichen Staaten, die Technologie des chinesischen Konzerns Huawei zu verbannen.
Foto: Getty Images
Danny Schlumpf

Das World Wide Web ist eine Illusion. 1,4 Milliarden Chinesen kennen Google, Facebook und Twitter allenfalls vom Hörensagen. Ihre Regierung riegelt das staatlich überwachte Internet hermetisch ab. Doch im Rest der Welt treibt das Regime den Einsatz chinesischer Computertechnologie mit Wucht voran.

Nun dreht Amerika den Spiess um: Präsident Donald Trump (74) verbietet Tiktok und Wechat. Ab heute ist der Download des chine­sischen Kurzvideodienstes und der chinesischen Messenger-App in den USA nicht mehr möglich.

Die Aktion ist Teil der «Clean Net Initiative». Mit diesem Programm will Trump sämtliche ­chinesischen Apps, Smartphones und Netzwerkdienste verbannen – nicht nur aus den USA, sondern auch aus möglichst vielen anderen Staaten der Welt. Begründung: Schutz vor Spionage!

Im Fokus steht der chinesische Netzausrüster Huawei. Seit Monaten übt die US-Regierung Druck auf andere Länder aus, dessen Komponenten aus ihren Kommunikationssystemen zu verbannen. Mit Erfolg: Indien, Brasilien, Grossbritannien und Neuseeland haben es bereits getan, Frankreich und Deutschland könnten folgen.

Bundesrat hat keinen Einfluss

Und die Schweiz? Die hiesigen Telekomfirmen Swisscom, Sunrise und Salt setzen auf die Huawei-Technologie. Trotzdem müssen sie nicht befürchten, dass der Bundesrat schon morgen bei ihnen interveniert. Denn: «Basierend auf den geltenden rechtlichen Grundlagen hat der Bund keine Kom­petenzen, um auf die Ausrüstungsbeschaffungen der Netzbetreiberinnen Einfluss zu nehmen», sagt eine Sprecherin des Departements für Kommunikation. Die Probleme sind damit allerdings nicht aus der Welt. Im Gegenteil, Spannungen mit Washington sind programmiert.

«Die amerikanische Regierungsadministration setzt ihre Regeln rigide durch», sagt IT-­Security-Experte Bernhard Hämmerli (61), Professor an der Hochschule Luzern. «Sie wird keine strategischen Informationen mit der Schweiz austauschen, solange die Schweizer diese Informa­tionen über Huawei-Geräte übertragen.»

Martin Naville (60) ist Direktor der Schweizerisch-Amerika­nischen Handelskammer. Er sagt: «Wenn der Streit zwischen den USA und China eskaliert, wird die Schweiz, mit vielen anderen Ländern, ebenfalls unter Druck kommen.» Es gehe den Amerikanern um Gegenseitigkeit. «China setzt ja auch nicht auf westliche Netzwerkanbieter.»

SonntagsBlick hat bei der amerikanischen Botschaft in Bern nachgefragt. Für Regierungen und Telekomfirmen müsse beim Bau des 5G-Netzes die Sicherheit oberste ­Priorität haben, lässt die hiesige US-Vertretung ausrichten. «Es existieren alternative, vertrauenswürdige Anbieter.»

SP-Nationalrat und Trump gleicher Meinung

Das sieht auch Jon Pult (35) so. Der Bündner SP-Nationalrat hat diese Woche einen Vorstoss eingereicht. Er will vom Bundesrat wissen, wie man beim Ausbau der digitalen Infrastrukturen das Risiko fremder Einfluss­nahme begrenzen könne. «Es war ein Fehler, dass die Schweiz den Aufbau einer Netzin­frastruktur mit Huawei-Technologie zugelassen hat, ohne die geopolitischen Risiken abzuwägen», sagt Pult. «Mit den Anbietern Nokia und Ericsson stehen wettbewerbsfähige europäische Alternativen bereit.»

Die Schweizer Telekomfirmen wollen weiter Huawei-Technologie in ihre Infrastruk­turen verbauen. Swisscom und Salt betonen, dass sie nicht nur Komponenten des chinesischen Konzerns, sondern Technologie verschiedener Anbieter nutzen. Sunrise: «Wir garantieren mindestens die gleiche Sicherheit wie andere Anbieter mit anderen Zulieferern.»

Cyber-Experte traut China nicht

Doch Cyber-Experte Bernhard Hämmerli lässt diese Argumente nicht gelten: «Das sind Schutzbehauptungen.» Bei Daten von strategischer Bedeutung seien die Hersteller wichtig. «Wenn die Chinesen Informa­tionen haben wollen, kriegen sie diese.»

Wie gross diese Gefahr für die Eidgenossenschaft ist, muss das Nationale ­Zentrum für Cybersicherheit bestimmen. Doch dessen Chef Florian Schütz will sich gegenüber SonntagsBlick nicht dazu äussern.

Der neue Kalte Krieg, zwischen dessen Fronten die Schweiz gerade gerät, ist dem obersten Cyber-­Verantwortlichen offenbar jetzt schon zu heiss.

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