Tatverdacht auf Kriegsverbrechen erhärtet
Gambischer Ex-Minister bleibt in Schweizer U-Haft

Schweizer Ermittler haben in Gambia Zeugen befragt. Sie berichten von Misshandlungen, angeordnet durch den ehemaligen Innenminister Ousman Sonko.
Publiziert: 03.10.2021 um 16:49 Uhr
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Der ehemalige gambische Innenminister Ousman Sonko (sitzend) soll Kriegsverbrechen begangen haben.
Fabian Eberhard

Mitte Jahr reisten Ermittler des Bundes dorthin, wo alles angefangen hatte: an die Westküste Afrikas, nach Gambia. Es war Ende Juni, schwülheiss, Regenzeit. Die Fahnder des Bundesamtes für Polizei (Fedpol) und der Bundesanwaltschaft (BA) wollten vor Ort einen der grössten Fälle von Folter rekonstruieren, den die Schweiz je behandelt hat.

Seit mehr als vier Jahren laufen die Ermittlungen. Sie richten sich gegen Ousman Sonko (52), ehemaliger Innenminister Gambias. Am 26. Januar 2017 wurde er in einem Berner Asylzentrum verhaftet. Seither sitzt er in Untersuchungshaft.

Gespräche in Gambia erhärten Tatverdacht

Die Bundesanwaltschaft wirft ihm Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Sonko soll in den Jahren vor seiner Flucht in die Schweiz, die 2017 erfolgte, als rechte Hand des gambischen Diktators Yahya Jammeh agiert haben. In seinen Funktionen als Innenminister und Polizeichef befahl er laut Bundesanwaltschaft willkürliche Verhaftungen, Folter und sexuelle Gewalt – Kriegsverbrechen.

In Gambia befragten die Ermittler des Bundes zahlreiche Zeuginnen und Zeugen. Die Gespräche erhärteten den Tatverdacht gegen Sonko weiter. Die Bundesanwaltschaft beantragte Ende Juli deshalb eine Verlängerung der U-Haft bis mindestens Ende Oktober.

Er habe systematisch foltern lassen

Doch Sonko legte Beschwerde ein. In einem neuen Entscheid des Bundesstrafgerichts, der SonntagsBlick vorliegt, wurde diese nun jedoch abgewiesen. Der ehemalige Innenminister bleibt in U-Haft. Einer der Gründe: Fluchtgefahr.

Dass die Schweiz gegen Ausländer ermittelt, die ihre Taten weit weg von hier begangen haben, ist selten. Möglich macht es die universelle Gerichtsbarkeit. Sie erlaubt, schwere Verbrechen nach internationalem Recht zu untersuchen.

Schwer wiegen die Vorwürfe gegen Sonko in der Tat. Die Delegation aus der Schweiz, die in Gambia Zeuginnen und Zeugen befragte, kam zum Schluss: Der mutmassliche Kriegsverbrecher hat systematisch foltern lassen. Sicherheitseinheiten, die Sonko unterstellt waren, sollen gar gezielt Oppositionelle umgebracht haben. Der ehemalige Innenminister bestreitet dies.

Sonko und Jammeh waren «sehr nahe»

In einem Gespräch mit den Fahndern des Bundes berichtete ein Zeuge, dass er 2016 anlässlich einer Demonstration gegen das Regime von Sonkos Einheiten verhaftet und in das berüchtigte Gefängnis Mile 2 in Gambias Hauptstadt Banjul gebracht worden sei. Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International kam es dort während Jammehs Diktatur zu Misshandlungen von politischen Gefangenen. Auch der Zeuge berichtete von Folter. Und er gab gegenüber den Ermittlern an, Sonko im Rahmen seiner Verhaftung persönlich gesehen zu haben.

Mehrere Befragte sagten zudem, dass das Verhältnis von Sonko und Diktator Jammeh «sehr nahe» gewesen sei. Auch das bestreitet Sonko. Er sei von Jammeh wie jeder andere Minister behandelt worden.

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