Ein E-Mail der Zürcher Finanzdirektion an über 100 Antragsteller von Covid-Nothilfe sorgt für rote Köpfe: Alle Adressen waren für alle Empfänger sichtbar. Denn der Cursor landete in der falschen Zeile: Die Adressen standen im «Cc» statt im «Bcc».
Vermutlich im Stress hat eine Person der Kantonalen Finanzdirektion Zürich die Daten ins falsche Feld kopiert. Für die betroffenen Unternehmen ist das ein ernstes Datenschutzproblem – viele wollen nicht als Bittsteller öffentlich bekannt sein.
Ein Betroffener ist Urs Hobi (54), Hotelier im Drei Könige in Richterswil ZH. Das Hotel konnte am Anfang die Folgen der Pandemie mit der Umstellung auf die Beherbergung von Temporärarbeitern etwas auffangen. «Aber seit dem Herbst haben wir null Tourismus», sagt Hobi. «Mit nur 50 bis 55 Prozent Auslastung können wir die Kosten nicht mehr decken. Wir bräuchten 70 Prozent.»
Puff beim Kanton
Urs Hobi sieht im Kopierfehler ein Zeichen der Überforderung der Kantonalen Verwaltung. «Das sieht man auch an den Verzögerungen der Zahlungen. Wir warten immer noch auf Gelder, die bereits genehmigt waren. Unser Gläubigerschutz läuft morgen ab. Wir müssen wegen dem Puff beim Kanton beim Gericht ein Gesuch auf provisorische Nachlassstundung stellen.» Dass seine E-Mail-Adresse für andere sichtbar ist, findet er unangenehm, aber keine Katastrophe. «Jedem kann das passieren», sagt Hobi.
Ins gleiche Horn bläst Roman Schaad (39), Geschäftsführer des Multimedia Fachgeschäfts Expert Klaus in Wetzikon ZH. «Es war sehr schwierig, bei der Finanzdirektion an die Informationen für den Antrag zu kommen. Es hatte niemand Zeit, mit uns zu sprechen, es gab zu wenig Personal.»
Hätten sie sich nur auf den Kanton verlassen, wäre ihr Geschäft wegen der Verzögerungen wohl Konkurs gegangen. Den Fauxpas mit der E-Mailadresse findet er aber auch nicht weiter tragisch. Er meint: «Niemand ist perfekt.»
90 Prozent weniger Umsatz
Ganz anders Andreas Buhl (53), Eigentümer der MSS Holding. Sein Unternehmen betreibt diverse Firmen in der Mobilitätsbranche. Den Fehler mit den E-Mails hat ihn zuerst sehr aufgeregt. «Aber nach 15 Minuten sagte ich mir, was solls! Mit der Information kann man ja nichts anfangen. Wir sitzen alle im gleichen Boot.»
Milder ins Gericht geht Buhl mit der Finanzdirektion bei der Härtefallhilfe. «Wir haben für 12 Firmen Härtefall-Anträge gestellt. Unser Umsatz ist um 90 Prozent eingebrochen.» Bei ihm funktioniert die Nothilfe schnell und tadellos: «Bei sieben Firmen gab es Rückfragen, zwei Anträge wurden abgelehnt, neun wurden bewilligt, einer gekürzt. Der Kanton hat uns sehr gut unterstützt.»
Die Finanzdirektion selbst entschuldigte sich für den Fauxpas wenige Minuten nach dem ersten Mail. Roger Keller, Sprecher der Finanzdirektion sagt: «Dass die Adressatenangaben für alle sichtbar waren, war ein menschlicher Fehler, wie er überall passieren kann, wenn der Arbeitsdruck hoch ist. Dafür haben wir uns bei allen entschuldigt.»