Swiss fliegt nach drei Monaten wieder nach Israel – Pilot verrät
«Die Crew tritt den Flug mit unterschiedlichen Gefühlen an»

Nach drei Monaten Pause fliegt Swiss wieder nach Israel. Vor dem Flug gibt es eine ausführliche Sicherheitsanalyse. Sollten Raketen Tel Aviv angreifen, weicht der A320 nach Zypern aus.
Publiziert: 07.01.2024 um 18:30 Uhr
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Aktualisiert: 08.01.2024 um 07:59 Uhr
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Die Swiss fliegt von Montag an wieder von Zürich nach Tel Aviv.
Foto: Sven Thomann
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Raphael RauchBundeshausredaktor

Am heutigen Sonntag nimmt die Swiss die Verbindung nach Israel wieder auf – mit fünf Flügen pro Woche. Nach dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober hatte die Airline ihre Flüge eingestellt. Wir haben mit dem Kapitän gesprochen, der den Airbus 320 von Zürich nach Tel Aviv steuert.

Die Route nach Tel Aviv gilt als sicher. Dennoch müssen sich die Swiss-Piloten auf den Worst Case einstellen. Denn Israel steht nach wie vor unter Beschuss: Von Norden aus operiert die libanesische Hisbollah, von Gaza aus die Hamas, von Süden drohen Raketen der Huthi-Rebellen aus dem Jemen.

Im Falle eines Raketenangriffs würde das israelische Abwehrsystem «Iron Dome» (eiserne Kuppel) das Flugzeug vor Raketen schützen.

Für Sicherheit an Bord dürften zwei Flugsicherheitsbegleiter sorgen, die «Sky Marshals» oder «Tigers» genannt werden. «Je nach Bedrohungslage fliegen an Bord Sicherheitsbeauftragte vom Fedpol mit. Sie kontrollieren die Fluggäste und wehren strafbare Handlungen ab, um Flugzeugentführungen zu vereiteln und damit die Erpressbarkeit des Staates zu verhindern», teilt das Bundesamt für Polizei mit.

Herr Scheib, war der Flug nach Tel Aviv Thema in Ihrer Familie?

Stefan-Kenan Scheib: Ja, wir haben dies ausführlich besprochen. Es gab Fragen im Sinne von: Warum musst du nach Tel Aviv fliegen? Kann das nicht jemand anderes machen? Vor allem unsere älteste Tochter (13) war nicht begeistert. Doch ich habe ihr alles genau erklärt. Dass sie sich keine Sorgen zu machen brauche, da es wahrscheinlich keinen anderen Swiss-Flug gebe, der so genau überwacht werde wie der nach Tel Aviv.

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«Ich kenne die Check-Liste im Schlaf»
Stefan-Kenan Scheib (47)
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Was ist anders als bei anderen Flügen?

Die Vorbereitung ist intensiver. Die Sicherheit steht – wie bei all unseren Flügen – an erster Stelle. Vor dem Flug bekomme ich ein schriftliches und ein mündliches Briefing: Wie sieht die Sicherheitslage vor Ort aus? Worauf müssen wir uns einstellen? Während des Flugs bekomme ich weitere Updates über den Funk und über ein internes Textnachrichten-System. Eine Stunde vor der Landung gibts eine letzte Sicherheitsanalyse, bevor grünes Licht erteilt wird. Ausserdem haben wir einen Plan B – das ist aber bei allen Flügen so.

Wie sieht der aus?

Bei jedem Flug schauen wir, welches alternative Flughäfen sein könnten. Wenn wir Tel Aviv nicht ansteuern können, landen wir in Zypern. Wir tanken mehr Kerosin, um flexibel zu sein.

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«Würden wir mit Angriffen rechnen, flögen wir nicht»
Stefan-Kenan Scheib (47)
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Haben Sie im Flugsimulator einen Raketenangriff trainiert?

Nein. Wenn wir mit Angriffen rechnen müssten, flögen wir gar nicht mehr nach Tel Aviv. Deswegen gibt es auch die kurzfristigen Sicherheitschecks. Falls nötig würden wir sofort umkehren und in Zypern landen. Der Flughafen Tel Aviv ist sehr sicher.

Was aber, wenn kurz vor der Landung doch etwas passiert?

Dann tun wir das, was wir immer tun: Wir fliegen, analysieren die Lage und sprechen mit den Fluglotsen, um zu entscheiden, was die sicherste und beste Lösung ist.

Was können Sie persönlich für die Sicherheit tun?

Wir Piloten und alle Crewmitglieder tun alles für die Sicherheit an Bord – das gehört für uns zum Alltag. Wir üben verschiedene Szenarien im Simulator, drillen uns immer und immer wieder, bis man die Verfahren und Checklisten im Schlaf kennt. Das sorgt für Sicherheit. Da unterscheidet sich der Flug nach Tel Aviv nicht von anderen Flügen.

Zur Person

Stefan-Kenan Scheib (47) ist seit 2021 ­Pilot bei der Swiss. Zuvor war er für die Lufthansa tätig. Er stammt aus Schleswig-Holstein (D), lebt in Opfikon ZH und hat vier Kinder.

Stefan-Kenan Scheib (47) ist seit 2021 ­Pilot bei der Swiss. Zuvor war er für die Lufthansa tätig. Er stammt aus Schleswig-Holstein (D), lebt in Opfikon ZH und hat vier Kinder.

Die israelische Fluglinie El Al ist auch nach dem 7. Oktober von Zürich nach Tel Aviv geflogen. Das Aussendepartement rät noch immer von Reisen nach Israel ab. Die Entscheidung der Swiss, jetzt wieder Flüge aufzunehmen, wirkt willkürlich.

Wir haben den Flugbetrieb damals nicht wegen einer Reisewarnung eingestellt, sondern weil die Lage vor Ort unberechenbar war. Die Sicherheit steht für uns immer an erster Stelle. Wir haben Spezialisten, die die Lage vor Ort akribisch verfolgen. Wir sind nach sehr sorgfältiger Analyse zum Schluss gekommen, dass wir einen sicheren Flugbetrieb gewährleisten können. Weiter sind die Prozesse vor Ort inzwischen wieder geregelt und gemäss Standard, zum Beispiel die Abfertigung. Zu Beginn kam das Personal vor Ort teilweise gar nicht zum Flughafen, und nicht alle Flugzeuge konnten abgefertigt werden. Mittlerweile hat sich alles wieder eingespielt, und wir können nach Tel Aviv fliegen.

Wie fühlen Sie sich kurz vor Abflug?

Ich fliege mit einem guten Gefühl, weil die Analyse der Lage gut ist. Ich vertraue dem gesamten Team – in der Luft und am Boden. Es sind alles Profis, die wissen, was sie tun. Natürlich tritt die Crew den Flug mit unterschiedlichen Gefühlen an. Wir tun alles dafür, damit wir sicher und pünktlich ankommen. Wenn unsere Fluggäste glücklich empfangen und von ihren Kindern, Eltern und Geschwistern umarmt werden, macht dies mir bewusst: Wir steuern nicht nur ein Flugzeug von A nach B, sondern wir verbinden Menschen.

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