Impfen ist das A und O für den Ausweg aus der Pandemie. Darüber sind sich viele in Bund und Kantonen einig. Und doch blockiert Impfskepsis noch immer die Strategie der Gesundheitsbehörden. Ein Problem sind Menschen mit Migrationshintergrund. In der Pandemie fielen viele Ausländer durchs Raster. Ihre Hürden: Sprachbarriere, Isolation und Missverständnisse.
Hans Pargger, Leiter der Intensivstation am Universitätsspital Basel, sagte kürzlich im «Tages-Anzeiger»: «Wir haben einen hohen Anteil an Patienten mit Migrationshintergrund. Manche wollten sich nicht impfen lassen. Andere haben nicht gemerkt, dass sie sich hätten impfen lassen sollen.»
Kommt die Einreisequarantäne?
Gesundheitsdirektoren-Präsident Lukas Engelberger sagt zur «NZZ am Sonntag»: «Aufgrund dessen, was ich aus den Spitälern höre, ist das ein Problem.» Viele kämen aus Ländern mit laxen Kontrollen – in den Herbstferien könnte das noch schlimmer werden. Darum werde er beim Bund eine unpopuläre Massnahme vorschlagen: «Wir müssen uns ernsthaft überlegen, die Einreisequarantäne wieder einzuführen.»
Unterdessen haben Bund und Kantone aber diverse Massnahmen angestossen, um Ausländer oder Menschen mit Migrationshintergrund besser zu erreichen. Seit Wochen wird mit grossen Impfkampagnen die Werbetrommel für den Piks gerührt. Mitunter in 20 verschiedenen Sprachen. Info-Texte im Netz werden übersetzt, Communities aufgesucht, über Facebook aufgeklärt.
Ausländer sind oft falsch informiert
Gundekar Giebel (61) kennt das Dilemma mit den sogenannten «Schwererreichbaren» aus persönlicher Erfahrung. Der Kommunikationsleiter der Gesundheitsdirektion des Kantons Bern erinnert sich: «Während der Pandemie riefen uns Ärzte und Spitäler an. Sie wiesen uns darauf hin, wie wenig informiert einige ihrer ausländischen Patienten seien.»
Da sei beispielsweise die Angst vor Astrazeneca. «Viele Personen, die in den vergangenen Jahren in die Schweiz gekommen sind, verfolgen nicht unsere Medien, weil sie die Sprache nicht gut genug können», erklärt Giebel. «Sie lesen die Meldungen aus ihren Ländern. Und da wird zum Beispiel mit Astrazeneca geimpft. Sie wissen nicht, dass es bei uns nur die Vakzine Moderna und Pfizer gibt.» Und es gibt weitere Missinformationen.
Hinzu käme die Angst vor dem Virus. «Ich kenne Menschen, die haben sich während der Pandemie geradezu im Haus verschanzt», so der Mediensprecher weiter. «Diese Menschen müssen wir nun erreichen. Das geht sicher nicht von heute auf morgen.» Bereits im März begann der Kanton Bern mit seiner ersten Kampagne. Im Juni folgte die zweite. Seit einer Woche läuft die dritte. Mit Erfolg: «Wir haben jetzt 200 bis 300 Impfungen mehr am Tag als vorher», sagt Gundekar Giebel zufrieden.
Nur halb so viele Ausländer geimpft wie Schweizer
Bei der Kampagne lässt sich die Gesundheitsdirektion etwas einfallen. «Wir haben Spots mit Slogans. Sie zeigen Menschen verschiedener Herkunftsländer, die ihren Landsleuten Mut zum Impfen machen. Sie werden auf Screenings in allen ÖV gezeigt, aber auch in den Communities von Facebook und Youtube», sagt Gundekar Giebel. «Zudem fahren bis zu 400 sogenannte Working-Bicycles unsere Impfplakate auf Transportboxen durch die Gegend.» Auch einen Impf-Truck gibt es. Er hält in den Gemeinden. «Die Impfung ist unkompliziert und quasi vor der Haustür möglich», sagt Giebel. Noch seien neun der zehn Impfzentren offen, man müsse jetzt die Gelegenheit nutzen.
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Auch Basel-Stadt tritt in die Pedale. Die Impfquote der ausländischen Bevölkerung war nur halb so hoch wie bei Schweizer Bürgern. Das durfte so nicht bleiben. 100 Mitbürger ausländischer Herkunft wurden mobilisiert. Sie sollen Infos auf Kulturveranstaltungen oder in den Social Media an ihre Landsleute weitertragen, das Impfen erklären. Dafür hat die Stadt Sprachnachrichten in 20 verschiedenen Sprachen vorbereitet.
In die Offensive geht auch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) mit einer breiten Bevölkerungskampagne. Das Motto: «Nicht verpassen: impfen lassen.» Hierzu liegen Sujets in elf Sprachen vor. Hinzu kommen Videos in 16 und Infomaterial in 20 Sprachen. Die Botschaft des BAG: «Lasst euch impfen!» Das geht eben auch auf Albanisch, Arabisch, Somalisch, Russisch oder Tamilisch
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