Wohnung von Blick-Reporter wird eingerannt
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Riesiger Andrang:Wohnung von Blick-Reporter wird eingerannt

So erlebte Blick-Reporter Nicolas Lurati die Suche nach einem Nachmieter
«Verzweifelte Interessenten rannten uns die Bude ein»

Die Wohnungsnot in der Stadt Zürich ist gross. Wie schlimm es tatsächlich ist, erlebte Blick-Reporter Nicolas Lurati bei der Suche nach einem Nachmieter. Verzweifelte Menschen rannten ihm die Bude ein.
Publiziert: 10.03.2023 um 00:47 Uhr
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Aktualisiert: 10.03.2023 um 19:41 Uhr
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Blick-Reporter Nicolas Lurati zügelt vom Zürcher Kreis 6 in den Kreis 7.
Foto: Lurati
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Nicolas LuratiReporter News

Meine Ehefrau, meine Tochter (20 Monate) und ich zügeln Ende März in den Zürcher Kreis 7: mehr Wohnraum für weniger Geld. Aktuell leben wir an formidabler Lage im Kreis 6. Wir sind dankbar und empfinden es als Privileg, von einem schönen Zuhause ins nächste ziehen zu dürfen. Wir hatten allerdings auch Glück.

Denn: Viele Menschen sind noch immer auf der Suche nach einer passenden Bleibe. Da wir ausserterminlich kündigten und eine Doppelbezahlung vermeiden wollten, schrieben wir unsere Wohnung im Internet aus. Innert kurzer Zeit wurde der Posteingang meiner Frau mit Mails überflutet. Und so organisierten wir zwei Massenbesichtigungen für diese Woche.

Das Interesse war gigantisch. Die Menschen rannten uns die Bude ein und waren bestens vorbereitet. Viele von ihnen hinterlegten fein säuberlich zusammengestellte Dossiers. Sie waren aber vor allem eines: verzweifelt.

Ein Deutscher sagte, er habe innert zehn Tagen 15 Wohnungen besucht – und nur Absagen kassiert oder keine Antwort erhalten. Eine Tessiner Zweier-WG beschwerte sich, dass am gegenwärtigen Wohnort im Kreis 5 die Autos gefühlt durchs Wohnzimmer rauschen würden. «Bei offenem Fenster ist kein Wort zu verstehen.» Ein Paar mit Sohn (1) muss einen Abriss der aktuellen Bleibe in naher Zukunft befürchten. Ein junger Mann hatte einen Teil seines Dossiers zu Hause vergessen und sprintete im Regen in ein Kopiergeschäft, um die fehlenden Dokumente auszudrucken.

Ich hatte ein schlechtes Gewissen

Meine Frau und ich filterten die Dossiers. Ich hatte ein schlechtes Gewissen: Am liebsten hätte ich allen den Zuschlag für unsere Wohnung erteilt. Doch wir fungierten nur als Boten. Also brachte meine Frau am Mittwochabend die drei ausgewählten Dossiers bei unserer Verwaltung vorbei – und legte somit den Entscheid in fremde Hände.

Am Donnerstag folgte eine Nachricht, die uns erleichterte, aber auch überraschte – und dann Ernüchterung auslöste: Die Verwaltung teilte uns mit, dass wir keinen Nachmieter stellen müssen. Grund: Die Wohnung werde nicht direkt weitervermietet. Unser ganzer Aufwand: umsonst.

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