Auf einen Blick
- Der Abt von Saint-Maurice ist im juristischen Sinne unschuldig
- Blick kämpft gegen Geheimhaltung der Einstellungsverfügung
- Es läuft noch ein kirchliches Verfahren gegen den Abt
Die Abtei von Saint-Maurice im Wallis ist mehr als 1500 Jahre alt. Hinter den Klostermauern soll es immer wieder zu sexualisierter Gewalt gekommen sein. Aktuell laufen verschiedene Untersuchungen gegen mehrere Ordensleute. Dem Abt von Saint-Maurice, Jean Scarcella (72), wird vorgeworfen, beim Klavierspielen Jugendliche bedrängt zu haben. Ein Jugendlicher wandte sich deswegen sogar an den Papst, indem er den Vorfall beschrieb. In einer kircheninternen Anzeige ist auch von einem zweiten Opfer die Rede.
Vor einem Jahr enthüllte Blick die Vorwürfe. Daraufhin wurde auch die Staatsanwaltschaft aktiv. Wie die Walliser Generalstaatsanwältin Beatrice Pilloud (49) bestätigt, hat sie das Verfahren gegen Abt Scarcella inzwischen aber eingestellt. Wegen Verjährung, mangelnder Beweise oder mangels strafbaren Verhaltens? Den Grund für die Einstellung will Pilloud nicht verraten, denn Abt Scarcella wehrt sich dagegen, dass Journalisten die Einstellungsverfügung einsehen können. Blick geht gegen die Geheimnistuerei vor.
Mehr über Abt Scarcella
Im juristischen Sinn ist Scarcella unschuldig. Trotzdem kann er nicht aufatmen: Nach wie vor läuft ein kirchenrechtliches Verfahren gegen ihn. Das Kirchenrecht kann Vorfälle sanktionieren, die nach staatlichem Recht längst verjährt sind. Wann Rom über die Zukunft von Abt Scarcella entscheidet, ist unklar.
Die Abtei hat eine unabhängige Arbeitsgruppe beauftragt, den Missbrauchskomplex seit den 1960er-Jahren aufzuarbeiten. Die Arbeitsgruppe setzt sich aus dem Generalstaatsanwalt des Kantons Neuenburg und Historikerinnen der Uni Freiburg zusammen. Die Ergebnisse sollen im Sommer 2025 vorgestellt werden.