Er behauptet, für Stars wie Lady Gaga, J.Lo und Jason Derulo Musikhits produziert zu haben. Doch der schwedische Musikproduzent (45) war offenbar nicht, was er vorgab zu sein. Er soll während Jahren junge Talente in ganz Europa getäuscht, unter Druck gesetzt und finanziell ausgenommen haben. Auch die beiden Schweizer Musikerinnen Marije und Fleur Magali. Darüber berichtete der Norddeutsche Rundfunk (NDR).
«Du bist die nächste Lady Gaga»
«Er hat mir gesagt: Du bist die nächste Lady Gaga», erzählt Marije (26). Worte, die der jungen Musikerin mit Träumen schmeichelten. Seine Masche – stets die Gleiche: Junge Künstlerin von Hollywood-Produzent entdeckt! Aber: Um einen Song mit ihm aufnehmen zu können, musste sie ihm in einer Art Schneeballsystem Duettpartner finden und Geld bezahlen. Zudem soll er sie auch psychisch unter Druck gesetzt haben.
Marije erzählt Blick: «Er kann sehr aggressiv sein.» Oft soll der Produzent gesagt haben, er habe seine Zeit und sein Geld eingesetzt, um sie gross herauszubringen. Das schlechte Gewissen seiner Opfer soll er als Druckmittel genutzt haben. Zudem soll er ständig Terror gemacht haben: «Er hat Tag und Nacht angerufen, das war psychischer Stress pur, ich hatte nie Ruhe.»
Nacktbilder und Masturbations-Videos
Bald darauf soll der Produzent auf 15'000 Euro gedrängt haben. Geld, das Marije zu dieser Zeit nicht auftreiben konnte. Er soll später darum andere Forderungen gestellt haben – und die junge Künstlerin verbal sexuell belästigt haben. Er soll sie aufgefordert haben, ihm Nacktbilder und Masturbationsvideos von ihr zu schicken. Angeblich, um sich inspirieren zu lassen. Besonders perfid: Marije befand sich während dieser Zeit wegen Depressionen in psychiatrischen Behandlung. Zu Blick sagt sie: «Ich habe eine schwierige Vergangenheit. Aber er war der Auslöser, dass ich wieder in die Klinik musste.»
Ein Masturbationsvideo habe sie ihm nie geschickt. Aber anzügliche Fotos und Videos. Marije wurde stutzig, den Kontakt allerdings hat sie nicht abgebrochen. Auf die Frage, wofür er das Material brauche, vertröstete sie der Produzent: für Sponsoren. Und er soll noch weiter gegangen sein. Für Promo-Material verlangt er von ihr, in einem Katzen-Bikini zu posieren und Katzenfutter zu essen. Dazu sagt sie: «Du fühlst dich wie eine H**e.» Vor zwei Jahren schafft sie es, sich von ihm loszusagen. «Ich habe die ganze Geschichte lange verdrängt. Er hat vieles kaputtgemacht. Aber andererseits wäre ich jetzt nicht dort, wo ich bin», sagt sie Blick.
Mit einer Anfrage über Facebook fing alles an
«Ich habe im September 2016 eine Facebook-Anfrage erhalten von jemandem, der gesagt hat, er arbeite mit dem RedOne-Produzenten zusammen», erzählt auch die Künstlerin Fleur Magali (34) Blick. Und: «Es hat mich wahnsinnig gefreut, dass einem internationalen Produzenten meine Musik gefällt!» Sie recherchiert lange im Internet, bevor sie den Produzenten in Kopenhagen zum ersten Mal traf. Der Anfang ihrer Zusammenarbeit mit ihm, sie war damals 28 Jahre alt.
«Zwei Tage nach dieser Anfrage ist mein Vater verstorben. Das Letzte, was ich ihm erzählen konnte, war von dieser Nachricht. Dieses Gespräch mit ihm hat sicher auch damit zu tun, dass ich mich auf das Abenteuer eingelassen habe.» Kurz darauf starb auch ein guter Kollege. In seinem Testament stand: 10 Prozent erhalte Fleur Magali zur symbolischen Förderung und Anerkennung ihrer künstlerischen Tätigkeit. «Das war auch sehr emotional. Ich wusste, durch seine Unterstützung muss ich etwas erreichen, und es soll grosse Auswirkungen auf meine Karriere haben», sagt Fleur Magali.
Forderungen von Anwälten, immer neue Rechnungen
Sie unterschrieb einen Plattenvertrag, bezahlte 10'000 Euro an den Produzenten, damit er drei Songs für sie produziert. Und er soll ihr versprochen haben, ihre Songs zu vermarkten. «Für mich war das sehr aufregend. Ich hatte das Gefühl, hier entsteht jetzt etwas», erzählt sie. «Ich hatte vorher schon Plattenfirmen angeschrieben. Und dachte, die jahrelange Arbeit zahle sich jetzt endlich aus!» Nach den ersten Songaufnahmen dann die Ernüchterung: Der Produzent soll über Anwälte Forderungen gestellt und immer neue Rechnungen geschickt haben. Fleur Magali bezahlte. Gesamthaft 40'000 Euro.
Sie erzählt: «Er sagte, wenn ich nicht zahle, veröffentliche er keiner meiner Songs. Er drohte mir sogar, eines dieser Lieder an einen anderen Künstler zu geben. Er konnte mir alles verbieten: Auftritte, Zusammenarbeiten, eigene Herzensprojekte. Das war so schlimm, das kann man sich gar nicht vorstellen.»
«Eine Giftschlange»
Irgendwann hatte Fleur Magali ein Burnout. «Er ist eine Giftschlange, die alles Gute aus dir saugt.» Es gelang auch ihr, sich von ihm loszureissen. «Ich musste Verantwortung übernehmen. Wollte nicht, dass andere Leute den gleichen Fehler machen». Von neun Songs, die sie zusammen aufgenommen haben, wurde bloss einer veröffentlicht, er heisst «Shadow». Vom Produzenten hat sie nie wieder gehört.
«Diese Geschichte war eine wirklich harte Lektion. Aber eine, für die ich als Businessfrau irgendeinmal sehr dankbar sein werde», sagt Fleur Magali. Musik macht sie noch immer, hat sich damit sogar selbständig gemacht. Sie arbeitet an ihrer Eisshow «Skatedance – das Lichtmusical», es soll 2023 uraufgeführt werden. «Jetzt fühle ich mich wohl, es geht wieder aufwärts.»
Der Produzent antwortete nicht auf eine schriftliche Anfrage von Blick. Gegenüber NDR wies er alle Vorwürfe zurück. Ein Gericht im Stockholm hat lediglich bestätigt, dass er einen Vertrag mit einem Künstler gebrochen habe.