Beat Abgottspon (69) aus Staldenried VS ist Schütze mit Leib und Seele. Jedes Jahr verschiesst er mit seinem Freigewehr an die 1500 Patronen des Typs Gewehrpatrone 11 (GP11). Das kostet 50 Rappen pro Patrone, alles in allem 750 Franken. Der Preis pro Patrone im Schiessstand setzt sich zusammen aus 30 Rappen für die Munition, fünf Rappen für die Nachwuchsförderung des Schweizer Schiesssportverbands und 15 Rappen für Abgottspons eigenen Schützenverein.
Ab kommendem Jahr aber soll Abgottspons Leidenschaft nach dem Willen des Bundes deutlich teurer werden. Bern will aus Spargründen die GP11-Munition weniger stark subventionieren. Statt 30 Rappen soll die Patrone deshalb für die Schützenvereine 60 Rappen kosten – für den Schützen am Schluss also 80 Rappen. Damit könnte der Bund rund vier Millionen Franken einsparen. Allerdings wird dieser Betrag letztlich deutlich tiefer ausfallen, da auch Kompensationsmassnahmen vorgesehen sind. Trotzdem: Für tausende Schützinnen und Schützen im Land sind die Sparpläne ein Ärgernis.
Unverständnis und Wut
Verschossen wird die GP11 mit dem Sturmgewehr 57, dem Karabiner oder Freigewehren. Militärisch wird sie kaum noch genutzt. Ganz anders sieht es bei den zivilen Schützen in der Schweiz aus. Beat Abgottspon, Präsident des Verbands Schweizerischer Schützenveteranen (VSSV), hält fest, dass rund 70 Prozent der 17'500 Mitglieder seines Verbands die GP11 nutzen.
Die angekündigte Verteuerung der Munition würde also nicht nur ein paar wenige treffen. Sie hat das Potenzial, das Schweizer Schützenwesen in seinen Grundfesten zu erschüttern. Seine 1500 Schuss pro Jahr bezeichnet Abgottspon nämlich als eher unterdurchschnittliche Zahl. Aber selbst für ihn würde das Hobby pro Jahr 450 Franken teurer werden. «Man kann sich ausrechnen, was das für jemanden heisst, der pro Jahr 3000 Schuss der GP11-Munition verbraucht», sagt Abgottspon zu Blick.
Entsprechend sind die Reaktionen in den Schützenkreisen. «Es herrschen Frustration, Unverständnis, Unmut und Wut», sagt der Präsident des VSSV. «Der Bund gefährdet den Schweizer Wehrwillen.» Ausserdem sieht Abgottspon sich und seine Schützenfreunde auch hintergangen.
Viel Geld in Waffen investiert
Das liegt daran, dass der Bund in den letzten Jahren das sogenannte Schiesswesen ausser Dienst gefördert hat. Dabei wurden zum Beispiel für das Sturmgewehr 57 verschiedene Zielhilfen zugelassen. «Viele haben deshalb vom Sturmgewehr 90 auf das 57er gewechselt, da es sich mit dem Sturmgewehr 57 viel besser schiesst», erklärt Abgottspon. Für die Aufrüstung der Sturmgewehre 57 haben die Schützen viel Geld in die Hand genommen. «Und nun wird ausgerechnet die Munition für dieses Gewehr so viel teurer. Ein Schlag ins Gesicht», ärgert sich der VSSV-Präsident.
Er befürchtet, dass wegen der massiv steigenden Preise für die GP11 viele Schützen ihrem Hobby den Rücken kehren werden. «Wir werden einen Mitgliederschwund erleben», ist sich Abgottspon sicher. Nicht nur bei den Veteranen, sondern in allen Schiesssportvereinen im Land.
Kompensation ohne Wirkung?
Damit genau das nicht passiert, hat der Bund Kompensationsmassnahmen für die teurer werdende Munition vorgelegt. Die Schiesssportvereine sollen für die Durchführung des obligatorischen Schiessens für Armeeangehörige und die Ausrichtung von Jungschützenkursen mehr Geld bekommen. «Unsere Berechnungen zeigen aber, dass diese zusätzlichen Gelder die höheren Munitionskosten keinesfalls aufwiegen», so Abgottspon. Hinzu kommt, dass das Geld an die Vereine geht. «Der bürokratische Aufwand, dieses Geld an die einzelnen GP11-Schützen zu verteilen, wäre enorm.»
Die Schweizer Schützen hoffen nun, dass ihnen das Parlament zu Hilfe kommt. SVP-Ständerat Werner Salzmann (60) hat eine Motion eingereicht, die fordert, dass die Subventionen für die GP11-Munition nicht gestrichen werden. VSSV-Präsident Abgottspon sagt: «Es geht schliesslich nicht nur um unser Hobby, sondern auch um die Tradition und die Aufrechterhaltung des Schweizer Wehrwillens.»