Die Schweizer greifen nach den Waffen. Gewehre und Pistolen gehen vermehrt über den Verkaufstresen. Und das, obwohl bereits 2018 ganze 2,3 Millionen Schusswaffen in Schweizer Haushalten lagen. So besagt es eine Schätzung des Forschungsprojekts Small Arms Survey. Trifft sie zu, hat die Schweiz die viertgrösste Waffendichte der Welt, hinter Serbien, Jemen und den USA.
Wie viele Waffen es effektiv sind, bleibt unklar. Landesweit hat niemand den Überblick, da kein zentrales Waffenregister existiert – jeder Kanton führt seine eigene Liste. Wenn sich das Bundesamt für Polizei (Fedpol) eine Übersicht verschaffen will, muss es den kantonalen Stellen nachrennen.
«Die Schweiz ist eine Blackbox»
Doch nun soll sich das ändern. Zumindest, wenn es nach der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats geht. Am Dienstag hat sie sich für ein zentrales Waffenregister ausgesprochen.
Urheberin dieser Idee ist die grüne Nationalrätin Marionna Schlatter (42). Sie sagt: «In Sachen Waffen ist die Schweiz eine Blackbox.» Doch es gebe ein öffentliches und nationales Interesse an genauen Zahlen. «Hier ist Kantönligeist am völlig falschen Ort. Es ist Zeit, diese Daten zusammenzuführen.» Natürlich, nimmt sie ein Gegenargument vorweg, werde es immer einen Schwarzmarkt geben. «Aber wenn wir nicht einmal wissen, was auf legalem Weg im Umlauf ist – wie wollen wir dann wissen, was davon illegal ist?»
Zurückhaltung bei Kantonen
Bei den Kantonen reagiert man zurückhaltend. «Ich bin erstaunt, dass dieses Thema auf den Tisch kommt», sagt Florian Düblin (47), Generalsekretär der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD). Die Idee einer Zentralisierung sei nicht neu, doch die Bevölkerung habe eine entsprechende Volksinitiative 2011 abgelehnt.
Doch auch Düblin sagt: «Der Kampf gegen die Kriminalität darf nicht an den Kantonsgrenzen scheitern.» Die KKJPD sei nicht gegen den nationalen Austausch von sicherheitsrelevanten Daten.
Allerdings gebe es bereits ein System, mit dem die kantonalen Polizeikorps Daten austauschen: Das sogenannte Online-Abfrage-Waffenregister. Einmal pro Tag werde das System aktualisiert und dann müssen Datensätze aus 26 Kantonen eingespiesen werden. Kommt hinzu: Die Kantone haben unterschiedliche Standards zur Erhebung der Daten. Düblin sagt: «Es ist nicht so, dass wir blind sind. Aber der Prozess ist technisch aufwendig.»
Düblin gibt sich offen gegenüber einer Zentralisierung. Komme der Bund auf die Konferenz zu, werde man sich nicht der Diskussion verschliessen. Er sagt aber auch: «Ob die Daten letztlich beim Fedpol oder bei den Kantonen zusammengezogen werden, müsste noch diskutiert werden.»
Generalverdacht gegen Waffenbesitzer
Klarer gegen ein zentrales Register stellt sich Nationalrat Jean-Luc Addor (59). Der SVP-Politiker ist Präsident des Vereins Pro Tell, der für eine liberale Waffengesetzgebung kämpft. «Das wäre kein Gewinn für die öffentliche Sicherheit», sagt er. Stattdessen würden Waffenbesitzer unter Generalverdacht gestellt, obwohl es sich um verantwortungsbewusste Bürger handle.
Die Schweiz habe eine der höchsten Waffendichten, gibt Addor zu: «Aber unser Land ist gleichermassen eines der sichersten weltweit.» Zudem missachte der Vorstoss von Schlatter, dass die Kantone und nicht der Bund für den Vollzug des Waffengesetzes verantwortlich seien. Daher sei es logisch, dass die Kantone auch die Register führten.
Welche Sicht sich durchsetzt, wird sich zeigen. Erst wenn auch die Ständeratskommission zustimmt, wird ein konkreter Gesetzestext ausgearbeitet. Die Debatte ist lanciert.