«Verbrauchen ein Viertel so viel Energie wie ähnliche Gebäude»
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Möckli über seinen Ökobau:«Verbrauchen 1/4 so viel Energie wie ähnliche Gebäude»

Statt Serverzentrum hätte in Beringen SH Ökobau entstehen können
Behörden verhinderten Umwelt-Pionierprojekt

In Beringen SH soll ein Serverzentrum gebaut werden, das Dreiviertel des kantonalen Strombedarfs benötigen wird. Der ehemalige Besitzer der Parzelle sagt, dass ursprünglich ein ökologisches Pionierprojekt geplant gewesen sei. Nur: Die Behörden hatten etwas dagegen.
Publiziert: 05.04.2023 um 00:46 Uhr
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Aktualisiert: 05.04.2023 um 11:48 Uhr
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Diese Baugrube in Beringen SH sorgt für Diskussionen.
Foto: Philippe Rossier
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Sebastian BabicReporter Blick

Auf der Fläche eines Fussballfeldes baut die Firma Stack Infrastructure in Beringen SH ein Datenzentrum, das in Zukunft knapp 75 Prozent des kantonalen Strombedarfs zusätzlich aufzufressen droht. Ausserdem produziert die Serverfarm als Nebenprodukt 90 Gigawattstunden Abwärme pro Jahr, von denen mindestens zwei Drittel aufgrund der Lage – weit weg von lokalen Wärmeverbunden – nicht genutzt werden kann. Das bestätigt eine aktuelle Studie.

Es hätte allerdings anders kommen können, sagt der ehemalige Eigentümer der Parzelle. Michael E. Dreher ist ein im Kanton Schaffhausen ausgezeichnet vernetzter Jurist und ehemaliger Präsident der streitbaren Autopartei. Gemeinsam mit dem Thurgauer Unternehmer Fabian Möckli plante er auf der Parzelle ein fast heiz-autarkes, gemischtes Gewerbezentrum.

100 Kilometer Leitungen geplant

Der Start des ursprünglichen Projektes verlief verheissungsvoll. Ein Gebäude inklusive einer ersten Erdkollektorenanlage wurde bewilligt. Mithilfe dieser Technik hätten sich die geplanten Gebäude grösstenteils selbst mit Wärme und Kälte versorgen können, was den Energiebedarf enorm abgeschwächt hätte.

Bereits 2012 fuhren die ersten Bagger auf. Weil Dreher und Möckli aber schnell feststellen mussten, dass ein Bau in einzelnen Etappen riesige Folgekosten verursacht hätte, reichten sie ein neues Baugesuch ein, diesmal allerdings ausschliesslich für den Bau der Erdkollektoren. «Es wäre damals die grösste derartige Anlage in der ganzen Schweiz gewesen», sagt Möckli zu Blick. Über 100 Kilometer Leitungen wären verlegt worden.

Behörden verhinderten Pionierprojekt

«Ab da begannen die Probleme», sagt Möckli über die Auseinandersetzung, die einige Zeit später gar vor Bundesgericht ihr endgültiges Ende finden sollte. «Man warf uns vor, mit den umfangreichen, aber aus unserer Sicht unumgänglichen Tiefbauarbeiten lediglich Kiesabbau betreiben zu wollen und kein Interesse daran zu haben, Hochbauten zu erstellen, obwohl diese im ersten Baugesuch explizit vorgesehen waren.» Diese Vermutung liegt tatsächlich nah: Möckli verwertet und verkauft als Unternehmer auch Baustoffe. Er gibt aber zu bedenken: «Bei solchen Arbeiten ist man gesetzlich verpflichtet, das Aushubmaterial zu rezyklieren, soweit es wiederverwertet werden kann.»

Zudem argumentierte das Bauinspektorat, würde sich die geplante Baugrube laut dem abgewiesenen Baugesuch «nicht harmonisch in die Umgebung einfügen». Das in einem Gebiet, in dem bereits Kiesabbau im grösseren Stil betrieben wird.

In der Interpretation der Behörden hätten durch die fehlenden Hochbauten im zweiten Baugesuch allerdings Abnehmer für die erzeugte Wärme und Kälte gefehlt. «Wozu sollten wir den Bau einer Erdkollektorenanlage beantragen, wenn wir nicht planen würden, die daraus gewonnene Energie zu nutzen? Das wäre unsinnig», sagt Möckli. Auf Blick-Nachfrage verweist der kantonale Bauinspektor lediglich auf ein Bundesgerichtsurteil aus dem Jahre 2018, das die Entscheidung der lokalen Behörden stützte.

Behörden schlugen Einladung zu Besichtigung aus

Um ihre guten Absichten unter Beweis zu stellen und die möglichen Nutzungen des Projektes in Beringen aufzuzeigen, luden Dreher und Möckli unter anderem den Vorsteher des Schaffhauser Baudepartements und den Bauinspektor zu einer Besichtigung eines ähnlichen, bereits realisierten Projekts in Bronschhofen SG ein, dem Fitness Island.

Damals handelte es sich um das grösste Erdkollektorenprojekt des Kantons St. Gallen. Auf dem Gelände wurde ein Wellness- und Fitnesszentrum gebaut, das sich energetisch grösstenteils selbst versorgt. Statt 4,5 Megawattstunden verbraucht es aktuell rund eine Megawattstunde pro Jahr. Dieser Wert werde sich nach dem Einbau einer grossen Solaranlage auf dem Dach nochmals halbieren, so Möckli.

«Ich muss lächeln vor dem Einschlafen»

Allerdings sei keiner der kantonalen Verantwortlichen aufgetaucht. Ausser dem Beringer Bausekretär habe sich niemand dafür interessiert. Auch eine Aussprache zwischen den Projektträgern und den Behörden soll kurzfristig vonseiten des Kantons abgesagt worden sein. Auf eine entsprechende Blick-Nachfrage geht der Bauinspektor nicht ein. Nur so viel: Es handle sich um ein Projekt, das bereits Jahre zurückliege.

Dreher und Möckli haben innerlich mit dem Projekt abgeschlossen. «Unser Projekt war immer auf die Region ausgerichtet. Wir hätten viele Arbeitsplätze in die Region bringen können und einen echten Mehrwert geschaffen», so Möckli. Die aktuelle Diskussion rund um den Beringer Stromfresser verfolgt er dennoch: «Ich muss manchmal kurz lächeln vor dem Einschlafen. Denn jetzt haben sie die Nutzung gekriegt, die sie verdient haben und sollen damit leben. Punkt.»

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