Nach Prügelattacke auf Fabienne W.
Jetzt wehrt sich die Schaffhauser Polizeigewerkschaft

Nach der brutalen Prügelattacke auf Fabienne W. kritisiert der Polizei-Gewerkschaftschef die einseitigen Schuldzuweisungen an die Schaffhauser Polizei und fordert Aufklärung systemischer Mängel. Was sagt die Staatsanwaltschaft dazu?
Publiziert: 14.06.2024 um 06:49 Uhr
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Aktualisiert: 14.06.2024 um 13:19 Uhr
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Der Fall Schaffhausen sorgte schweizweit für Schlagzeilen.
Foto: Screenshot/SRF Rundschau

Fabienne W. wurde im Dezember 2021 in Schaffhausen brutal verprügelt. Drei Männer schlugen im Rahmen einer Privatparty mit voller Wucht auf die Hobby-Musikerin ein – die Frau trug schwere Verletzungen davon. 

Im Mai 2024 publizierte die SRF Rundschau ein Video des Vorfalls. Der Beitrag, in dem Fabienne W. den Schaffhauser Strafverfolgungsbehörden Täterschutz und lasche Ermittlungsarbeit vorwirft, sorgte landesweit für Schlagzeilen. Die Schaffhauser Behörden wurden in der Folge scharf kritisiert – am Samstag nach der Publikation des Beitrags demonstrierten Hunderte in der Altstadt gegen die Polizei. Die Politik leitete eine externe Untersuchung gegen die Behörden ein. Nun wehrt sich der Präsident des Polizeibeamtenverbandes gegen die Vorwürfe. 

Im Gespräch mit den «Schaffhauser Nachrichten» nimmt der Gewerkschaftspräsident Stellung zum Fall. Patrick Portmann findet die pauschale Verunglimpfung der Schaffhauser Polizei nicht gerechtfertigt und sehr einseitig. Wie immer habe die Staatsanwaltschaft die Hauptverantwortung in dem Fall getragen. Die Polizei handle grundsätzlich unter Anweisung der Staatsanwaltschaft.

Gewerkschafter gratuliert Fabienne W. zu ihrem Mut

«Das kam in der Berichterstattung bisher zu wenig zum Tragen», findet Portmann gegenüber der Zeitung. «Dass die geplante externe Untersuchung jetzt vor allem die Polizeiarbeit ins Visier nimmt, nicht aber die Arbeit der auftraggebenden Behörde, ist ein Fehler.»

Gleichzeitig räumt Portmann auch ein, dass es sich nicht mit dem Rechtsempfinden vertrage, dass das Verfahren so lange dauere und die involvierten Herren unbescholten blieben. Portmann selbst sei schockiert, wie sich die Täter verhalten hatten. «Ich kann Fabienne W. verstehen, dass sie sich an die Medien gewandt hat. Ich würde ihr sogar zu ihrem Mut gratulieren.»

Es herrschten «unzumutbare Zustände»

Der Gewerkschafter glaubt, dass in diesem Fall «unzumutbare Zustände» geherrscht hätten. Portmann glaubt, dass es innerhalb der Schaffhauser Staatsanwaltschaft systemische Schwierigkeiten gebe. Seit bald zwei Jahren weise die Polizeigewerkschaft laut Portmann darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft Arbeiten im Bereich Einvernahmen an die Polizei abschiebe. Passiert sei trotzdem nichts. 

Eine Untersuchung müsse nun Fehler aufdecken und systemische Fragen klären. Personelle Ressourcen müssten ebenfalls aufgestockt werden. Auch gesetzliche Grundlagen müssten überarbeitet werden, beispielsweise das kantonale Polizeigesetz. «Die Politik trägt hier eine grosse Verantwortung und muss auch bereit sein, die nötigen finanziellen Mittel bereitzustellen», so der Gewerkschafter.

Schaffhauser Regierung fordert lückenlose Aufklärung

Am Freitag äusserte sich auch die Schaffhauser Regierung zum Fall Fabienne W.: Die Bilder einer Überwachungskamera seien verstörend, dass diese Unsicherheiten ausgelöst hätten, sei nachvollziehbar, hält der Regierungsrat in seiner Antwort fest. So stuft er eine spontan erfolgte Demo auch als "positiver Ausdruck einer engagierten Gesellschaft" ein.

Gewalt in jeder Form sei zu verurteilen und zu ahnden, schreibt die Regierung weiter. Für eine lückenlose Aufklärung müssten aber alle Geschehnisse mit dem erforderlichen Detaillierungsgrad bekannt sein. Die Strafverfolgungsbehörden seien nicht untätig geblieben.

Das sagt die Schaffhauser Staatsanwaltschaft

Wie reagiert die Schaffhauser Staatsanwaltschaft auf die Vorwürfe? Blick hat bei Peter Sticher, Erster Staatsanwalt des Kantons Schaffhausen, nachgefragt. Dieser hat einen deutlich positiveren Blick auf die Zusammenarbeit unter den Strafverfolgungsbehörden. «Die Zusammenarbeit der Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen und der Schaffhauser Polizei ist allgemein sehr gut und es finden regelmässige Austausche statt», versichert Sticher.

«Gemäss Strafprozessordnung führt die Staatsanwaltschaft die Strafuntersuchung und erteilt im konkreten Fall Weisungen.» Die Ermittlungen nach den Vorgaben durchzuführen, sei Aufgabe der Polizei, erläutert er. «Dieses Zusammenspiel funktioniert gut.»

Auch in dem Fabienne W. betreffenden Verfahren sei die Zusammenarbeit zwischen der Regional- und Kriminalpolizei einerseits und der Staatsanwaltschaft andererseits gut gewesen. Systemische Schwierigkeiten in der Staatsanwaltschaft könnten nicht bestätigt werden. 

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