Christian Stäbler (63) hat der Schweiz den Rücken gekehrt. «Ich habe hier keine Zukunft mehr gesehen», sagt der gelernte Pfleger zu Blick. Vor zwei Jahrzehnten wanderte er auf die Philippinen aus. Im asiatischen Inselstaat hat er sich ein neues Zuhause aufgebaut, verkauft Ölbilder und erstellt Websites. Stäbler leidet an Bluthochdruck, war schon hospitalisiert. Deshalb will er so schnell wie möglich eine Corona-Impfung. Als Risikopatient wäre das in der Schweiz kein Problem.
Auf den Philippinen? Wird er noch lange warten. Im 108-Millionen-Einwohnerstaat wurden bisher 1,2 Millionen Corona-Fälle verzeichnet, 20'000 Menschen starben am Virus. 3 Prozent der Bevölkerung sind bisher mindestens einmal geimpft.
Nur 17'000 haben eine Schweizer Krankenkasse
Darum hoffte er auf eine Impfung in der Schweiz. Stäbler wäre bereit, heimzufliegen und sämtliche Kosten zu übernehmen. Doch er darf nicht. «Ich habe die Botschaft, das BAG, das Zürcher Impfzentrum, die Ärzte-Infoline und andere Auslandsorganisationen angerufen und überall wurde mir gesagt: Als Auslandschweizer erhalte ich die Impfung nur, wenn ich meine obligatorische Grundversicherung in der Schweiz habe.»
Christian Stäbler ist einer von derzeit 776'300 Auslandschweizern. Wie rund 750'000 von ihnen hat er die Krankenkasse nicht mehr in der Schweiz – und damit auch keine Möglichkeit, sich piksen zu lassen. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) sagt, Auslandschweizer, die über keine obligatorische Krankenversicherung in der Schweiz verfügen, sollen die Impfung am Wohnsitz im Ausland vornehmen.
In Europa weniger ein Problem, woanders durchaus: Erst zehn Prozent der Weltbevölkerung wurden bisher mindestens einmal geimpft. In Afrika ist es ein Prozent, in Asien fünf Prozent.
Behörden spielen sich den Ball hin und her
Die Auslandschweizer-Organisation (ASO) findet es bedauerlich, dass «keine Lösung für die Mitbürger im Ausland angeboten wird, die sich in der Schweiz impfen lassen wollen». Auslandschweizern wird empfohlen, sich direkt an ihren Herkunftskanton oder Ihre Heimatgemeinde zu wenden.
Nur: Beim Schweizer Aussendepartement (EDA) gibt man die Verantwortung direkt weiter: «Die Impfpolitik liegt in der Verantwortung des Bundesamts für Gesundheit und der Kantone.» Man sei sich der Problematik aber bewusst und stehe mit dem BAG in Kontakt.
Stäbler sucht nach Lösungen
Dort hält man an der Krankenkassen-Richtlinie fest und nimmt die Kantone in die Pflicht: «Ein Auslandschweizer, der in die Schweiz reist, um sich impfen zu lassen, wird wohl kaum grundsätzlich abgewiesen.» Am Ende entscheide allerdings der Kanton. Im Fall von Stäbler wäre das Zürich.
Die Zürcher Gesundheitsdirektion spricht von Einzelfällen, mit denen individuelle Lösungen gesucht würden. Stäbler sieht sich nicht als Impftourist: «Ich habe halt einfach keine Lust auf den Philippinen zu sterben, während es in der Schweiz genügend Impfstoff gibt.»
Impf-Tourismus ist in der Schweiz verbreitet
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