Nach den Erdbeben in der Türkei und in Syrien schlägt eine Gruppe von Ärzten in der Schweiz Alarm: «Bei Ereignissen mit mehr als 25 Schwerverletzten haben wir ein Problem», sagte Mathias Zürcher, leitender Arzt für Rettungs- und Katastrophenmedizin am Universitätsspital Basel, in der «SonntagsZeitung».
Um die Verletzten zu behandeln, gebe es zwar Kapazitäten, aber nicht in allen Bereichen ausreichende. Zudem seien sie über das ganze Land verteilt. Und niemand habe eine Übersicht. Der Bund hat zwar einen Koordinierten Sanitätsdienst (KSD). Nach einem Entscheid des Bundesrats wurde dieser kürzlich jedoch umstrukturiert.
Die Ärzte-Gruppe ist der Ansicht, dass der KSD schon seit einiger Zeit schlecht aufgestellt ist und zu wenig effektiv koordiniert. Der KSD sei derzeit «nicht mehr handlungsfähig», sagte Joseph Osterwalder, emeritierter Professor für Notfallmedizin, weil es unter anderem an Fachwissen, Konzepten und Personal mangle.
Hochrechnungen für den Katastrophenfall
In der Schweiz sei auch ein digitaler Notruf-Knopf auf dem Handy, wie er etwa in der Türkei existiert, kein Thema, wie Recherchen der «NZZ am Sonntag» zeigen – obwohl der Bund aktuell sein Erdbebenmanagement überarbeitet. Das erstaunt, da Experten davon ausgehen, dass bei einem schweren Beben die Notrufzentrale rasch überlastet wäre.
Zwar sind Erschütterungen der Magnitude 7,8 wie in der Türkei bei uns kaum realistisch, wohl aber von Stärke 6,5. Allein in Zürich könnten bei einem Beben dieser Stärke 753 Menschen sterben und rund 76'500 Bewohner obdachlos werden, wie neue Szenarien der Stadt zeigen.
Das Telefonsystem käme schnell an seine Grenzen. Markus Meile, Stabschef der städtischen Krisenorganisation, sagt dazu: «Auf die Bewältigung dieser schieren Menge gleichzeitiger Anrufe sind unsere Alarmsysteme weder personell noch technisch ausgerichtet.» (kes/SDA)