Es ist seit Jahren das gleiche Phänomen: Die Bahngesellschaften suchen eifrig nach Lokomotivführern. Und werden kaum fündig.
Der Bedarf an Nachwuchs-Lokomotivführern ist daher enorm. Dennoch blieben die Erfolge bei den Rekrutierungen bisher aus. Doch nun scheint ein Ende dieser Durststrecke in Sicht zu sein – nicht zuletzt, weil viele Piloten aufgrund der Corona-Pandemie die Branche wechseln.
Ansturm ist riesig
«Allein im letzten Jahr sind 9234 Bewerbungen eingegangen. Der Eingang ist sehr gut.» Dies sagt der SBB-Sprecher Martin Meier gemäss der «NZZ». Im Herbst werden über 350 neue Auszubildende die Schulbank drücken. Ein Allzeitrekord. Meier sagt, dass die Klassen bis Mai 2021 gefüllt seien – und es werde weiterhin rekrutiert.
Auch andere Bahngesellschaften, darunter die BLS, eines der grössten Verkehrsunternehmen der Schweiz, verzeichnen ein steigendes Interesse an ihrem Beruf. Tamara Traxler, Sprecherin des BLS, dass alle Ausbildungsplätze bis Ende 2021 besetzt seien. Es werden bereits Auszubildende für 2022 rekrutiert.
Auch Piloten zeigen Interesse an der Ausbildung
Unter den Bewerbern finden sich neben beruflichen Quereinsteigern auch ehemalige Piloten, die wegen Corona gegroundet und daher auf Jobsuche sind. Die Luftfahrtindustrie hat sich noch nicht von der Pandemie erholt, weswegen ein Überbestand an Piloten verzeichnet wird.
Aeropers, der Personalverband der Swiss-Piloten, und der Verband der Schweizer Lokführer, haben daher angeregt, dass die Piloten in einem abgekürzten Ausbildungsweg auf den Beruf des Lokführers umsatteln können. Laut Meier von der SBB fanden bereits entsprechende Gespräche statt und das Thema soll auch in Zukunft weiterverfolgt werden. Aber es gibt einen Haken: Die SBB und die Swiss konnten sich bisher nicht einigen.
«Wir haben festgestellt, dass es nur wenig Spielraum gibt, damit Piloten den Ausbildungsgang zum Lokführer abkürzen können», sagt Meier. Abkürzen, weil es zwischen dem Beruf Pilot und dem Beruf Lokführer einige Überschneidungen gibt – dies unter anderem bei der Verantwortung und der Sicherheit. Der Vereinbarung steht aber auch der ungewisse Verlauf der Corona-Pandemie im Wege.
Ende der Debatte nicht in Sicht
Beim Verband Aeropers zeigt man sich enttäuscht über die bis jetzt ausbleibende Kooperation zwischen SBB und Swiss, wie die «NZZ» weiter berichtet. «Den beteiligten Unternehmen fehlt bisher die nötige Flexibilität, um entsprechende Arbeitsmodelle anzubieten», so Aeropers-Sprecher Thomas Steffen.
Bei der SBB befürchtete man, dass diejenigen Piloten, die über einen Wechsel zum Lokführer-Beruf nachdenken, in ein paar Jahren wieder abwandern, wenn sich die Luftfahrtbranche erholt hat. Damit würde sich der Aufwand der Umschulung nicht auszahlen.
Die Swiss giesst dieser Debatte zusätzlich Öl ins Feuer: Laut Steffen habe die Swiss darauf bestanden, die Piloten sofort wieder zurückgewinnen zu können, wenn sich die Corona-Krise wieder entspannt. (myi)