Parlamentarier machen Druck in der Europapolitik
Bundespräsident Cassis muss liefern

Das Treffen mit dem EU-Vize Sefkovic fiel ins Wasser. Nun machen Parlamentarier Druck: Bundespräsident Cassis solle endlich das Heft in die Hand nehmen.
Publiziert: 09.01.2022 um 18:13 Uhr
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Bundespräsident Ignazio Cassis: Ein steiler Einstieg.
Foto: Thomas Meier
Simon Marti

Es ist ein steiler Einstieg ins neue Jahr für Ignazio Cassis (60, FDP). Kaum beginnt am Montag der Berner Politbetrieb, begrüsst die Aussenpolitische Kommission (APK) des Nationalrats den Bundespräsidenten und Aussenminister. Und die APK erwartet eine klare Ansage: Wie gedenkt der Bundesrat die seit dem Ende des Rahmenabkommens strapazierten Beziehungen zur Europäischen Union wieder ins Lot zu bringen? Die Parteien machen Druck. «Der Bundesrat müsste dringend seine Roadmap für die Gespräche mit der EU festlegen. Das geht viel zu langsam, zum Schaden unseres Wirtschafts- und Forschungsstandortes», sagt SP-Nationalrat Eric Nussbaumer (61, BL).

Bundesrat muss Roadmap vorlegen

Eigentlich hätte der Bundespräsident den Vizepräsidenten der EU-Kommission Maros Sefcovic noch im Januar am World Economic Forum (WEF) in Davos GR treffen sollen. Mit der Absage des WEF fiel der Termin dahin. Viel Zeit gewinnt die Schweiz damit nicht. «Ignazio Cassis muss endlich erklären, wie sich der Bundesrat den Fahrplan der Verhandlungen vorstellt», sagt Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (57, BL). «Wir wollen wissen, wann ein neues Treffen mit Herrn Sefcovic geplant ist.» Schneider-Schneiter betont, ihre Fraktion sei in der Europafrage offener als auch schon, aber die Regierung trage die Verantwortung, den Kurs zu bestimmen.

FDP-Nationalrat liefert Vorschlag

Aus Cassis’ eigener Partei stammt ein pfannenfertiger Vorschlag zur Erneuerung der bilateralen Verträge. Auch dieser Vorschlag ist am Montag traktandiert. FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann (58) erwartet, dass Cassis zu seinem Modell Stellung nimmt. «Es ist nun an Ignazio Cassis, den Ball aufzunehmen und das EU-Dossier wieder an sich zu reissen. Er muss dem blockierten Gesamtbundesrat die Richtung aufzeigen», sagt der Zürcher. Er plädiert für einen Modellvertrag, der die Struktur der einzelnen Abkommen vorgibt. «Das heisst vereinfacht: In jedem Dossier muss definiert werden, wie die Schweiz dynamisch EU-Recht übernimmt und in welchem Zeitraum dies geschieht. Und jeder Vertrag bekommt ein eigenes Preisschild», so Portmann. «Setzt die Schweiz einen Aspekt nicht um, dann wissen wir, welche Kosten auf uns zukommen, ohne den Umweg über den Europäischen Gerichtshof und ohne Guillotine-Klausel.»

Um dem Ganzen Struktur zu verpassen, müssten sich die beiden Seiten aber erst auf einen zeitlichen Ablauf einigen, also, welche offenen Fragen zuerst, welche später zu verhandeln sind. Heikle Punkte wie die künftige Ausgestaltung der Personenfreizügigkeit könnten so zu einem Zeitpunkt ausgeräumt werden, wenn am Verhandlungstisch wieder etwas bessere Stimmung herrscht.

Cassis über Portmanns Vorschlag im Bilde

Portmann ist felsenfest von seinem Modell überzeugt, hat es bereits dem französischen Botschafter präsentiert. Frankreich hat derzeit den EU-Vorsitz inne. Den Vorwurf, er sei ein Sololäufer, bestreitet der FDP-Nationalrat vehement. Cassis’ Aussendepartement und die APK seien über den Vorschlag im Bilde. Portmann: «Man darf davon ausgehen, dass dort durchaus ähnliche Überlegungen angestellt werden.»

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