Ein Mann (32) musste sich vergangenen Dienstag vor dem Bezirksgericht Weinfelden TG verantworten. Er soll laut Anklageschrift über 100'000 kinderpornografische Dateien heruntergeladen haben. Und das, obwohl er wusste, dass der Besitz von solchen Inhalten verboten ist, wie die «Thurgauer Zeitung» schreibt.
Er weiss auch, wie es sich anfühlt, als Minderjähriger sexuell missbraucht zu werden. So soll er selbst als 14-Jähriger sexuelle Gewalt erlebt haben. Dieses Wissen hielt ihn jedoch nicht davon ab, die Inhalte in seinen Besitz zu bringen. «Wenn man selbst davon betroffen war, dann machen einen solche Bilder traurig», so der beschuldigte Schweizer. Heruntergeladen habe er die Aufnahmen, weil er wissen wollte, was das Anschauen mit ihm macht.
Eine schwere Kindheit hinter sich
Seine schwere Kindheit prägt seinen Lebenslauf und ist auch in der Verhandlung zentraler Gegenstand. Neben dem traumatischen Erlebnis im Kindesalter litt er auch an Versagens- und Schulängsten. Er brach deshalb zwei Lehren vorzeitig ab. Mehrere Klinikaufenthalte in psychiatrischen Institutionen folgten, die Ärzte versuchten, die Abwärtsspirale zu stoppen. Medikamente, die entweder keine Wirkung zeigten oder ihn depressiv machten, führten dazu, dass er sich ganz weigerte, weitere Medikamente zu schlucken, wie die «Thurgauer Zeitung» schreibt.
Momentan unterzieht sich der Beschuldigte einer psychotherapeutischen Behandlung und ein durch die IV begleitetes und finanziertes Aufbaujahr. Anschliessend will er eine Lehre anfangen.
Nicht nur in «guten Zeiten» richtig zu verhalten wissen
Trotz dieser schweren Vorgeschichte und der momentanen Besserung ist das Bezirksgericht Weinfelden vorsichtig und verurteilt ihn zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten. «Es ist wichtig, dass Sie sich verinnerlichen, was diese acht Monate bedeuten. Nutzen Sie die Probezeit zusammen mit der Bewährungshilfe, um sich mit der Problematik auseinanderzusetzen», so die Richterin zum Beschuldigten, wie die «Thurgauer Zeitung» berichtet. Der Mann beteuerte, nun über seine Triggerpunkte Bescheid zu wissen.
Die Richterin glaube ihm das, doch es bringe nichts, wenn er nur in «guten Zeiten» wisse, wie er mit diesen Situationen umgehen soll. Es sei wichtiger, auch in schlechten Zeiten «standhaft» zu bleiben. «Sie haben selbst erlebt, wie es ist. Es gilt, Minderjährige zu schützen – und da gibt es eine rote Linie, die nie überschritten werden kann. Denn hier befinden sich kleine Menschen vor der Linse, die ihrer Kindheit beraubt werden.»
Neben der Bewährungsstrafe verhängt das Gericht ein lebenslängliches Tätigkeitsverbot, das ihm verbietet, beruflich und teilweise auch ausserberuflich mit Minderjährigen regelmässigen Kontakt zu haben. Ausserdem muss er sich weiter einer ambulanten psychotherapeutischen Behandlung unterziehen und die Gerichts- und Untersuchungskosten von 12'835 Franken bezahlen. (mgf)