Flugzeugwrack aus 1957 im Bodensee entdeckt
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Trümmer sind radioaktiv:Flugzeugwrack aus 1957 im Bodensee entdeckt

Von 1957 verunglückter Swissair DC-3
Radioaktiver Schrott soll im Bodensee bleiben

Auf dem Grund des Bodensees wurde radioaktiver Schrott entdeckt – strahlende Wrackteile einer vor 68 Jahren abgestürzten DC-3 der Swissair. Die Behörden wollen das Radium-226 im See lassen.
Publiziert: 03:37 Uhr
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Aktualisiert: vor 27 Minuten
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Eine 1957 in den Bodensee abgestürzte DC-3 der Swissair strahlt offenbar radioaktives Radium-226 aus.
Foto: KEYSTONE
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Daniel KestenholzRedaktor Nachtdienst

Auf dem Grund des Bodensees, in über 200 Metern Tiefe, liegen die Überreste einer 1957 verunglückten Swissair DC-3, deren radioaktive Wrackteile kürzlich entdeckt wurden.

Der Schiffsbergeverein, angeführt von Silvan Paganini, plante ursprünglich, die Trümmer zu bergen, doch ein Tauchroboter enthüllte grausige Bilder: Leichenteile eines Crew-Mitglieds im Wrack, unweit des versunkenen Dampfschiffs Säntis. Insgesamt liegen mehr als 100 Tote im Bodensee.

Der Fund sorgte weltweit für Schlagzeilen und rief die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) auf den Plan, die auf radioaktive Flugzeuginstrumente hinwies.

Offenbar keine akute Gefahr

Diese Instrumente, bemalt mit Radium-226 – einer Substanz mit einer Halbwertszeit von 1600 Jahren –, strahlen seit 68 Jahren mit etwa 3 Mikrosievert pro Stunde, 30 Mal höher als die natürliche Hintergrundstrahlung in der Schweiz.

Das Bundesamt für Gesundheit stuft sie als radiologische Altlasten ein: giftig, krebserregend, aber angeblich keine akute Gefahr für den Bodensee, da die Stoffe kaum wasserlöslich sind und das Wrack schwer zugänglich liegt.

Grosses Trümmerfeld

Eine Bergung halten die Behörden, einschliesslich des Kantons Thurgau, für zu aufwendig und teuer, wie das «St. Galler Tagblatt» berichtet.

Wo genau die strahlenden Cockpit-Überreste im rund 50 Meter breiten und 100 Meter langen Trümmerfeld liegen, lasse sich derzeit nicht mit Sicherheit sagen. «Es gibt einige Elektroteile auf dem Seegrund, von denen wir uns fernhalten», sagt auch Paganini vom Schiffsbergeverein.

Holen Fischer radioaktiven Schrott hoch?

Doch nicht alle stimmen zu. Der WWF, vertreten durch Gewässerschutzexperte Lukas Indermaur, fordert eine gründliche Analyse und Entsorgung, gestützt auf das Umweltschutzgesetz und das Vorsorgeprinzip. Auch Fischer schlagen Alarm: Ihre Netze holen regelmässig Schrott hoch, und radioaktive Teile könnten unbeabsichtigt geborgen werden. Das bestätigt auch Paganini: «Wir finden immer wieder Anker von Fischern und von anderen Nutzern des Bodensees: Allein am Wrack der versenkten Dampfschiffe und am Flugzeugwrack haben wir mehrere gefunden.»

Dass die radioaktiven Teile besser im Bodensee bleiben und dort weiterhin vor sich hin strahlen, sei eine Möglichkeit, sagt Indermaur. Doch bestehe die Chance, dass diese Teile aus Versehen aus dem See gehoben werden. «Solche Altlasten gehören aus dem See», sagt Reto Leuch vom Berufsfischerverband, während ein Fischer aus Romanshorn anonym klagt: «Das ist fahrlässig.»

Der Schiffsbergeverein pausiert die Bergung, prüft weitere Schritte und setzt seine Arbeit an anderen Funden fort, während die Debatte um Kosten, Risiken und Verantwortung weitergeht.

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