«Ich weiss nicht, warum oder wie lange – es geht nur um die Kohle»
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Er steht auf Schwarzen Liste:«Ich weiss nicht, warum oder wie lange – es geht nur um die Kohle»

Verhaftet, rausgeschmissen – und für 99 Jahre unerwünscht
Diese Schweizer Touristen wurden aus Thailand verbannt

Sie haben nichts verbrochen und dürfen trotzdem 99 Jahre nicht mehr nach Thailand reisen. Der Visum-Bschiss, den Blick im September aufdeckte, hat riesige Auswirkungen. Die Geschädigten verlangen Antworten. Die Thai-Botschaft schweigt. Das EDA interveniert.
Publiziert: 15.03.2024 um 00:22 Uhr
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Aktualisiert: 15.03.2024 um 13:15 Uhr
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Für Blick treten zwölf Geschädigte vor die Kamera.
Foto: Sandro Zulian
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Sandro ZulianReporter News

Das ist die Selbsthilfegruppe der Thailand-Verbannten: Sie lieben Thailand über alles. Die Strände, die Sonne, die Wärme. Und: sie alle dürfen nicht mehr rein. Nicht in diesem Leben. Alle 50 Schweizerinnen und Schweizer in dieser Geschichte haben eine Einreisesperre für 99 Jahre kassiert. Und das, obwohl sie Freunde, Familie, Häuser und Autos in Thailand haben – und sie komplett unschuldig sind. 

Eine davon ist Paula Fuster (70) aus Appenzell. «Wir durften das Flugi am Flughafen Zürich nicht betreten», sagt sie enttäuscht. Die Wärme, die Sonne und die Kollegen seien die Gründe, warum sie und ihr Mann so gerne nach Thailand gehen. Das kann sie sich vorerst ans Bein streichen. «Ich bin unheimlich hässig. Ich will gar nicht weiterreden», sagt sie. 

Ähnlich geht es Beat Wieser (59). Er war in der Vergangenheit über 20 Mal in Thailand. «Seit ich nicht mehr Skifahren kann, ist Thailand einfach das Grösste für mich! Sonne und Sand, das passt mir super!» Weniger passen dürfte es ihm, dass er und seine thailändische Partnerin nun schon seit fast zwei Jahren getrennt leben müssen. «Es ist unfassbar!» ärgert er sich gegenüber Blick. 

Blick-Recherchen bringen Fall ins Rollen

Sie sind nicht alleine. Im September vergangenen Jahres macht Blick die Geschichte von Franz Lonardi (67) publik. Er wurde Ende 2022 in Thailand plötzlich festgenommen, in Handschellen gelegt und mit einem Gefangentransport in ein Ausschaffungsgefängnis gefahren. Acht Tage lang hielten ihn die Thai-Behörden gefangen, bis er sich schliesslich teuer loskaufen und ausreisen konnte.

Mit seiner Geschichte versuchte er, weitere Betroffene ausfindig zu machen. Nicht weniger als 50 Personen haben sich auf seinen Aufruf hin gemeldet und schlossen sich in einer Whatsapp-Gruppe zusammen. Ihr Ziel: Bald wieder nach Thailand zu reisen. 

Schuld ist Justus M.*

Dass sie auf der schwarzen Liste stehen, geht auf die Kappe von Justus M*. Der Deutsche, der in Dornbirn AT als Honorarkonsul Visa organisierte, ging dubios vor. Er bestellte die Visa für Schweizer Bürger statt in Bern in Wien und fälschte dafür die Gemeinde-Meldebestätigungen der Schweizer Bürger. Aus Schweizern wurden so Vorarlberger.

Die thailändischen Behörden merkten das, meldeten die Fälschungen an die österreichische Polizei und setzten sämtliche Thailand-Reisende auf die schwarze Liste. Vor Gericht sagte M. im Januar: «Ich habe den Leuten helfen wollen, damit sie schnell nach Thailand reisen können.» Das Gericht verurteilte den Ex-Honorarkonsul zu einer Geldstrafe von 10'500 Euro. 

In der Anklageschrift gegen M. sind 21 Betroffene aufgelistet. «Es ist jedoch anzunehmen, dass ein Vielfaches an gefälschten Meldezetteln erstellt und zur Antragsstellung für thailändische Visa verwendet wurden», schreibt die Staatsanwaltschaft dazu.

«Sie sagten, wir seien Schwerverbrecher»
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Betroffene über die Blacklist:«Sie sagten, wir seien Schwerverbrecher»

«Wir fühlen uns veräppelt und traurig»

Viktor Greutmann (73) und seine Frau Iris erwischte es an der Grenze zu Kambodscha. «Da haben sie uns gleich festgenommen.» Innert 12 Stunden mussten sie das Land verlassen. Sie liessen ihr gesamtes Hab und Gut in der Ferienwohnung zurück und reisten aus.

Der Schaden: Ungefähr 6500 Franken. «Veräppelt und traurig fühlen wir uns», sagt Iris Greutmann. Der Mann hat schwerstes Rheuma, das Klima im Land tut ihm gut. Zudem hat das Ehepaar einen Sohn, der seit 22 Jahren mit einer thailändischen Frau zusammen ist und dort lebt. «Wir können nicht mal unseren Enkel besuchen!», klagt Viktor Greutmann.

«Wenn man mit den Thai-Behörden Krach hat, dann ist das sehr schwer zu berichtigen», erklärt er. «Auch, wenn man unschuldig ist.»

Ex-Konsul bittet um Entschuldigung

«Das Geschehene tut mir unendlich leid, ich leide persönlich sehr stark unter der Situation» schreibt der verurteilte Ex-Honorarkonsul, Justus M.* auf Anfrage von Blick. Er gibt zu: «Der Fehler war, dass bei den e-Visa-Anträgen nicht vorhandene österreichische Wohnsitze samt Bestätigungen angegeben wurden, um die Bearbeitung der Visaanträge von Bern oder München/Frankfurt nach Wien umzuleiten.»

Visum-Anträge über Bern respektive für deutsche Staatsbürger über Frankfurt abzuwickeln, sei in der Vergangenheit seiner Auffassung nach sehr mühselig gewesen und habe viel zu lange gedauert.

Thai-Botschaft schweigt

Er sieht die Schuld für die heutige Situation aber auch bei der thailändischen Botschaft in Wien. «Die wissen genau, dass keiner der Betroffenen etwas davon wusste oder selbst dafür verantwortlich war. Trotzdem stehen die Betroffenen weiterhin auf der schwarzen Liste.» Der Deutsche versucht eigenen Angaben zufolge derzeit, um seine Fehler wiedergutzumachen. Ob das etwas bringt, wird sich zeigen. 

Weder die thailändische Botschaft in Wien noch die in Bern äusserten sich gegenüber Blick. Das Eidgenössische Departement des Äusseren (EDA) schreibt auf Anfrage: «Der Schweizerische Botschafter in Bangkok hat wiederholt schriftlich und mündlich bei den thailändischen Behörden interveniert, um die Aufhebung der Schwarzen Liste zu bewirken. Weitere Interventionen sind in den nächsten Wochen geplant.»

*Name geändert 

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