«Ich war deprimiert, am Boden zerstört und wollte nicht einmal mehr nach draussen gehen», erzählt Talal Aldroubi. Der 46-jährige Syrer kämpfte fünfeinhalb Jahre lang für seine Einbürgerung. Zwölf Jahre lang lebte er in Romanshorn TG, wo er seine grosse Liebe heiraten wollte. Doch eine Woche vor der Hochzeit teilte ihm die Einbürgerungskommission (EBK) mit: Das wird nichts.
«Ich weiss nicht, was passiert ist, dass ich plötzlich auf der Abschussliste stand», so Aldroubi zum «Tagblatt». Mit dem Präsidenten der Romanshorner EBK habe er ein gutes Verhältnis: «Er ist mein Wohnungsnachbar und war sogar am Geburtstagsfest meiner Kinder.» Und doch wurde es auch nach zwei Anläufen nichts mit der Schweizer Staatsbürgerschaft. Der Kanton und das Verwaltungsgericht unterstützten den Entscheid ebenso.
Bundesgericht gibt ihm recht
Also liess der 46-Jährige den Fall vom Bundesgericht beurteilen – und siehe da: Nach 5,5 Jahren gab ihm das Gericht im Oktober 2023 recht. Das Thurgauer Verwaltungsgericht wurde angewiesen, die im kantonalen Verfahren angelaufenen Kosten neu zu berechnen. Aldroubi war nicht mehr Verlierer – sondern Gewinner. Somit musste er die Gerichtskosten nicht selbst tragen.
Der Stadt kommt das jahrelange Verfahren nun teuer zuschulden, wie Aldroubis Anwalt erklärt. «Alles in allem dürfte der Streit die Romanshornerinnen und Romanshorner 50’000 Franken kosten.» Die Stadt bestätigte die Rechnung der Zeitung.
Von dem Geld gehen rund 17'250 Franken an Aldroubis Anwalt. 2000 Franken kostete das bundesgerichtliche Verfahren. Zudem muss die Stadt ihrem eigenen Rechtsvertreter mindestens 20'500 zahlen. Hinzu kommen Sitzungsgelder der EBK und der Lohn einer Gemeindeangestellten, die ein Protokoll führte, das mehrere Ordner umfasst.
Weitere 10'000 Franken Kosten für Kanton
«Nicht eingerechnet sind ausserdem die enormen Justizkosten, welche die Gemeinde dem Kanton und dem Bund einbrockten», so der Anwalt weiter. Im ersten Verfahren erhielt Aldroubi zudem eine Parteientschädigung in Höhe von 8000 Franken, die der Kanton bezahlte. Ebenso zahlte dieser Gebühren in Höhe von 2900 Franken, die beim Verwaltungsgericht wegen der Neubeurteilung der Entschädigung entstanden.
«Insgesamt dürften die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler also allein für diesen unsinnigen Prozess weit über 60’000 Franken bezahlt haben, wobei die effektiven Gehälter der damit befassten Personen natürlich nicht erfasst sind», erklärt der Anwalt weiter.
Familie zieht weg
Neben viel Geld hat die Gemeinde Romanshorn aber noch etwas verloren: Die Aldroubi-Familie. Wie der Syrer der Zeitung erzählt, ziehen er und seine Familie nach Winterthur ZH. Dies, weil er es nicht mehr ertrage, täglich Menschen zu begegnen, die wegen des Prozesses schlecht über ihn sprachen. «Ich bin glücklich und dankbar. Aber es ist auch vieles kaputtgegangen. Es fällt uns schwer, dass wir Romanshorn verlassen müssen. Aber nach all dem, was vorgefallen ist, geht es nicht anders.»
Offiziell ist Aldroubi übrigens auch heute noch kein Schweizer Bürger. Auf die amtliche Bestätigung wartet er noch immer. (mrs)