Der Krieg in der Ukraine bewegt die ganze Welt. Die Solidarität mit den Flüchtlingen ist riesig. Tausende Ukrainer sollen in der Schweiz Zuflucht finden. Unzählige Leute sind gar bereit, Flüchtlinge bei sich zu Hause aufzunehmen.
Da wirkt der Knatsch, der derzeit in der Gemeinde Uznach SG tobt, wie ein merkwürdiges Kontrastprogramm: Auch hier ist Aufnahme von Geflüchteten gerade ein Thema. Allerdings in ganz anderem Zusammenhang. So sollen bis zu 100 Asylsuchende im ehemaligen Pflegeheim einquartiert werden können. Das jedenfalls plant der Kanton St. Gallen. Und sorgt dabei für einen Aufruhr bei der Uzner Bevölkerung.
Denn: Erst letzten Oktober wurde das Pflegezentrum Linthgebiet geschlossen, weil es wirtschaftlich nicht mehr tragbar war. Seit vier Jahren hatte das Heim rote Zahlen geschrieben. Allein im Jahr 2021 habe man ein Minus 1,1 Millionen Franken gemacht, so Gemeindepräsident Diego Forrer (57) zu Blick. 40 Bewohner mussten daher umziehen – der letzte im Februar.
«Sie wurden quasi aus ihren Betten gezerrt»
Dass im selben Monat darüber informiert wird, dass das Pflegezentrum zu einem Asylzentrum werden soll, sorgt bei vielen Uznern für Verärgerung. Sie sind empört und machen ihrem Ärger Luft. In Leserbriefen in den Regionalzeitungen, auf Facebook und auf der Strasse. Für sie alle ist klar: «Alte Leute» müssen Platz machen für Asylsuchende. Und das gehe nun einfach nicht.
«Das finde ich nicht in Ordnung», sagt etwa Eliane Fäh (66) aus der Nachbargemeinde Gommiswald SG zu Blick. «Für alles hat man Geld, nur für die alten Leute reicht es nicht», findet auch ihr Mann Hans Fäh (69).
An vorderster Front gegen die Asyl-Pläne kämpft die Uzner SVP unter Stefan Rüegg (48). «Unsere alten Leute haben es verdient, hier gepflegt zu werden», sagt er zu Blick. Stattdessen reisse man sie aus ihrer gewohnten Umgebung. Rüegg: «Sie wurden quasi aus ihren Betten gezerrt und umplatziert – teilweise gar in andere Kantone.» Während die eigenen Leute andernorts untergebracht würden, opfere man eine perfekt gelegene Liegenschaft zur Umnutzung für ein kantonales Asylzentrum.
Kein Zusammenhang zwischen Schliessung und Eröffnung
Dass Uznach gerade angesichts des Ukraine-Kriegs wegen eines geplanten Asylzentrums so in die Schlagzeilen gerät, ist dem Gemeindepräsidenten Forrer sehr unangenehm: «Ich finde es traurig, dass wir uns in dieser schwierigen Zeit öffentlich über ein mögliches Asylzentrum streiten.» Der Vorwurf, die alten Leute müssten für die Asylsuchenden raus, sei nämlich konstruiert.
Die Schliessung des Pflegezentrums stehe nicht in Zusammenhang mit den Plänen für ein Asylzentrum. Noch bis Mitte Januar habe die Gemeinde noch gar nichts gewusst von der Idee des Kantons, im nunmehr leeren Pflegeheim ein Asylzentrum einzurichten. Die Verhandlungen hätten zudem erst gerade begonnen.
Kritisiert werden jedoch nicht nur die Pläne, sondern auch, dass die Bürger über die Medien davon erfahren mussten. Doch hier sieht Forrer die Schuld nicht bei der Gemeinde, wie er betont. «Die Kommunikation bezüglich Asylzentrum ging vom kantonalen Justiz- und Sicherheitsdepartement aus. Ein nächstes Mal sollte eine solche Mitteilung aber wieder die Gemeinde übernehmen.»
Finden Ukrainer in Uznach Zuflucht?
Der Kampf gegen das Asylzentrum will aber nicht nur die SVP aufnehmen. Im Rahmen eines überparteilichen Bürgerforums, in dem Exponenten der FDP, der Mitte und des Gewerbes vertreten seien werden, wolle man sich nun gemeinsam gegen das Asylzentrum wehren, so Stefan Rüegg. Erste Beratungen hätten bereits stattgefunden. «Da rollt ein politischer Tsunami an», ist er überzeugt.
Klar ist: Die Diskussion ums Pflegezentrum hat für mächtig Wirbel gesorgt. Trotzdem gibt es auch Stimmen, die das Ganze etwas moderater betrachten – gerade mit Blick auf den Krieg in der Ukraine: «Wenn es das Beste ist, Asylsuchende im Pflegezentrum unterzubringen, dann finde ich das gut. Und wer weiss, vielleicht ist es sogar möglich, dass geflüchtete Ukrainer hier bei uns Schutz finden», sagt Edith Fehr (67) aus Uznach zu Blick.
Auch Gemeindepräsident Forrer hofft, dass Uznach Geflüchteten aus der Ukraine helfen kann: «Aufgrund der aktuellen Situation tendiert der Gemeinderat auf eine Zusatznutzung von 60 Hilfesuchenden aus dem Kriegsgebiet.»