Fünf Tage lang war der Leiter des Amtes für Natur, Jagd und Fischerei vom Kanton St. Gallen zusammen mit einem Wildhüter in Russland. Keine Ferien, sondern eine Weiterbildung.
Konkret ging es dabei um eine bestimmte Form der Treibjagd, die Lappjagd. Sie wird so genannt, weil ein bestimmter Bereich mit Stoff oder eben Lappen abgegrenzt wird. Die Tiere werden in die Enge getrieben und dann erlegt. Besonders bei Wölfen wird das so praktiziert.
In Russland ist das Standard, in der Schweizer allerdings nicht. «Die Idee dieser Weiterbildung war es, die Methode kennenzulernen und eine mögliche Anwendung in der Schweiz zu eruieren», sagt Regierungsrat Beat Tinner, Chef des St. Galler Volkswirtschaftsdepartements, zu SRF. Darum sei die Reise auch bewilligt worden. Bezahlt hätten der Amtsleiter und der Wildhüter den Trip selbst. Am Ende wurden vier Wölfe in drei Tage getötet.
«Die Reise wirkt mehr wie eine Erlebnisreise»
Dass zwei Schweizer für die Lappjagd extra nach Russland fahren, ist für Naturschutzverbände ein Skandal. «Bei der Reise ist kein wissenschaftlicher Ansatz erkennbar, kritische Auseinandersetzungen und Daten fehlen. Die Reise wirkt mehr wie eine Erlebnisreise», sagt Corinne del Fabbro von Pro Natura zu SRF.
Denn: Die Lappjagd sei für die Schweiz nicht vorstellbar. Russland habe eine andere Landschaft und Vorgehensweise. Dort würden die Tiere «zum Spass getötet und als Trophäen gejagt», behauptet sie.
Über 50 Wölfe geschossen
Regierungsrat Tinner hält dagegen. Er hält weiter daran fest, dass es wichtig war für die Schweizer, die Lappjagd vor Ort zu erleben und lernen. Die erlegten Tiere seien in Russland geblieben. Der Amtsleiter und der Wildhüter seien also nicht auf Trophäenjagd gewesen.
Tinner weiter: «Das Amt für Natur, Jagd und Fischerei steht stets im Widerspruch zwischen Schutz und Regulierung. Das gibt Zielkonflikte und diese muss man aushalten können.»
Erst Anfang Februar sorgte der Abschuss von über 50 Wölfen in der Schweiz für Diskussion. Erstmals war es Wildhütern und Jägern erlaubt, ganze Rudel zu erlegen. Der Grund: Umweltminister Albert Rösti (56) hatte die Jagdverordnung auf den 1. Dezember hin entsprechend gelockert – was für heftigen Protest bei Umweltorganisationen sorgte. Ob das Töten der vielen Tiere etwas nützt, ist umstritten.
Ausnahmen für Polen, Slowakei und Bulgarien
In Europa wird der Wolf streng geschützt. Er darf nur in Ausnahmefällen gejagt oder gefangen werden. Durch die Berner Konvention müssen sich auch Staaten daran halten, die nicht in der EU sind. Die Konvention wurde 1979 zum Schutz wildlebender Pflanzen und Tiere unterzeichnet.
Das bedeutet: Grundsätzlich ist die Jagd auf Wölfe verboten. Es gibt aber Ausnahmen. Sei es, um den Bestand zu regulieren oder andere Arten zu schützen. Besonders Skandinavien ist dafür bekannt, rabiat gegen den Wolf vorzugehen. Jedes Jahr werden zahlreiche Tiere erlegt. Polen, Slowakei und Bulgarien haben übrigens kein generelles Verbot. Auch Regionen in Finnland, Spanien und Griechenland sind davon befreit. (jmh)