Darum kandidiert Sozialhilfebezüger Martin Rütti für den Gemeinderat
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Wahlen in Flawil SG:Darum kandidiert Sozialhilfebezüger für den Gemeinderat

Polit-Neuling kennt Opfer und Täter von Bahnhofdrama Flawil SG
«Das Tötungsdelikt an Ruedi L. war ausschlaggebend!»

Wegen des Todesdramas um Ruedi L. am Bahnhof von Flawil wagt Martin Rütti den Einstieg in die Lokalpolitik. Der Sozialhilfeempfänger kandidiert als Vertreter der sogenannten Bahnhofsszene für den Gemeinderat – und kennt auch den mutmasslichen Täter Adnan T.
Publiziert: 23.09.2021 um 10:41 Uhr
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Aktualisiert: 23.09.2021 um 11:27 Uhr
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Will in den Gemeinderaton Flawil SG: Martin Rütti (56) kannte sowohl Opfer als auch den Tatverdächtigen des Tötungsdelikts, das sich Ende August am Bahnhof von Flawil ereignete.
Foto: Marco Latzer
Marco Latzer

Er ist Sozialhilfebezüger und lebt laut eigenen Angaben von rund 1000 Franken im Monat. Jetzt kandidiert Martin Rütti (56) am 28. November für einen Sitz im Gemeinderat von Flawil SG. «Das ausschlaggebende Erlebnis war das Tötungsdelikt an Ruedi L.* (†57). Es hätte jeden treffen können und vor allem war es völlig unnötig!»

Hintergrund: Ende August kommt Ruedi L. bei einer Auseinandersetzung mit Adnan T.* (40) auf tragische Weise vor dem Bahnhofskiosk ums Leben. Laut Kantonspolizei St. Gallen soll der Schweizer L. vom Kosovaren T. rückwärts zu Boden gestossen und später seinen massiven Kopfverletzungen erlegen sein (Blick berichtete).

Quereinstieg wegen Sicherheitsbedenken

Martin Rütti kennt sowohl Opfer als auch den mindestens achtfach verurteilten Tatverdächtigen aus der lokalen Bahnhofsszene. Sie besteht aus Menschen, häufig ohne Arbeit und ohne Perspektive im Leben.

«Das Sicherheitsproblem hat sich angestaut, bis es zu viel wurde», ist der parteilose Politeinsteiger überzeugt. Seit dem Tötungsdelikt rede man aber endlich über dieses wichtige Thema.

Ehemaliger Tatverdächtiger unterschrieb Rütti-Petition

Das liegt nicht zuletzt an Rütti, dem selbsternannten «Bahnhofssheriff» selbst. Nach der Tat unterschreiben binnen 20 Stunden über 300 Personen seine Petition für «Sicherheit am Bahnhof». Unter ihnen befindet sich laut Rütti auch Kostas F.* (39). Der Grieche geriet kurz nach dem Drama als möglicher Mittäter ins Visier. Erst nach seiner Festnahme konnte er nachweisen, nicht am Tatort gewesen zu sein.

«Videokameras am Bahnhof hätten seine Verhaftung verhindern können», ist Martin Rütti überzeugt. Und weil die Rückmeldungen auf seine Petition so positiv waren, wagt er nun als krasser Aussenseiter ohne Führungserfahrung den Sprung in die Lokalpolitik.

Schlechter Ruf wegen vielen Schulden

«Ich will eine Stimme für die Menschen sein, die eigentlich keine Stimme haben. Für Menschen am Rande der Gesellschaft», sagt der einst preisgekrönte Grillmeister. Rütti verfügt über kein Wahlkampfbudget, kann aber immerhin vor Ort praktisch Vollzeit für sich werben.

Nebst dem Thema Sicherheit begeistert er sich auch für Soziales und Kultur. «Ich habe einen miesen Ruf im Dorf, weil ich extrem schlecht mit Geld umgehen kann. Das Finanzressort würde ich nicht übernehmen wollen, obwohl ich mich mit Schulden auskenne», sagt Rütti.

Die Angehörigen von Ruedi L. stehen der Kandidatur Rüttis nach eigenen Angaben «neutral» gegenüber. «Egal, was sich in Flawil auch zum Guten verändern wird. Es bringt unseren Ruedi leider nicht mehr zurück!», sagt ein Bruder des Verstorbenen.

* Name geändert

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