Nach Unfall bei Film-Dreh – Experte über die Gefährlichkeit von Platzpatronen
«Splitter wirken wie echte Munition»

In der Boomerang Bar in Rapperswil-Jona SG kam es am Samstag zu einem Unfall während Dreharbeiten. Dabei wurden drei Menschen verletzt, die von Platzpatronen getroffen wurden. BLICK erklärt, warum auch mit Platzpatronen nicht zu spassen ist.
Publiziert: 20.01.2020 um 18:36 Uhr
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Aktualisiert: 21.01.2020 um 07:58 Uhr
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Beim Videodreh des Hollywood-Produzenten Peter Organ kam es zu einem Unfall.
Foto: Beat Michel
Georg Nopper, Leutrim Spahija

Am Samstag kam es bei einem Filmdreh in Rapperswil-Jona SG zu einem Schiessunfall. Beim Dreh eines Filmes des Produzenten Peter Organ (43) wurden bei einer Schiessszene in der Bar Boomerang drei Menschen verletzt.

Dabei wurde die Szene mit einer Pump-Action gedreht: «Der erste Schuss verletzte niemanden. Aber beim zweiten und dritten lief etwas falsch», sagt Organ zu BLICK.

Um herauszufinden, wie solche Unfälle mit Platzpatronen passieren können, hat BLICK mit dem Sicherheitsexperten Urs Fluri von BM Security gesprochen. Er war beim Winnetou-Freilichtspiel in Engelberg OW für die Sicherheit der Platzpatronen zuständig.

«Es können sich Splitter lösen»

Fluri sagt, dass bei Platzpatronen das Schwarzpulver, wie bei scharfer Munition, in den Hülsen ist. Es ist verantwortlich für den lauten Knall, den man imitieren möchte. Die Kugel ist in der Regel vorne zugedrückt, damit das Schiesspulver nicht herausfliesst. Normalerweise würde das Projektil das Pulver in der Hülse behalten.

Beim Abfeuern der Platzpatrone entstehe ein riesiger Druck. «Es kann passieren, dass vom Druck Ecken der Platzpatrone abfallen. Beim erneuten Abfeuern können diese Splitter durch den Druck aus der Waffe abgefeuert werden und eine ähnliche Wirkung wie scharfe Munition entwickeln», sagt Fluri.

«Ich würde damit nie auf Menschen schiessen.»

Organ sagte im Interview zu BLICK, dass er die Platzpatronen in einem Waffenladen gekauft habe und ihm versichert wurde, dass man sie für Film-Szenen einsetzen könne. «Nur der Gehörschutz sei wichtig», sagte der Verkäufer zu Organ.

Fluri sieht das skeptisch: «Ich würde nie mit Platzpatronen auf Menschen schiessen. Es gibt halt keine Garantie.» Bei den Freilichtspielen haben sie die Schauspieler dazu angehalten, nicht aufeinander zu zielen, wenn sie die Platzpatronen abfeuern, sondern «es nur so aussehen zu lassen».

Rückstände bis zu 4 Meter

Beim Freilichtspiel habe Fluri jede einzelne Platzpatrone selber aufgemacht und das Schiesspulver dosiert. Mit Pergamentpapier habe er den Lauf der Vorderlader dann gestopft, damit das Pulver nicht rauskommt.

«Dann habe ich es getestet, in dem ich auf Leintücher schoss.» Dabei stellte er fest, dass bei einer Distanz von weniger als 4 Meter noch Rückstände vom Mündungsfeuer und dem Papier auf den Tüchern waren.

Prominentes Opfer

Brandon Bruce Lee (1965–1993), der Sohn des Kampfsportlers Bruce Lee (1940–1973), ist durch einen ähnlichen Unfall gar ums Leben gekommen. Bei einer Filmszene wurde ebenfalls mit Platzpatronen auf ihn geschossen.

Dabei soll eine Hülse in der Waffe geklemmt haben, die zuvor abgefeuert worden ist. Beim erneuten Abfeuern der Waffe erzeugte das Pulver einen so hohen Druck, dass die leere Hülse die Wirkung einer scharfen Kugel hatte und Brandon Lee im Bauch traf. Er starb 12 Stunden später im Spital.

Gesetzlich reguliert

Platzpatronen können nicht einfach frei erworben werden. Dazu gibt es ebenfalls gesetzliche Bestimmungen, wie uns Fluri erklärt. Auch der Gebrauch erfordert die Zustimmung der Behörden.

Peter Organ erklärte am Sonntag gegenüber BLICK: «Wir haben die Waffen und die Munition von der Kantonspolizei bewilligen lassen.» Doch die Kantonspolizei St. Gallen weiss nichts von einer solchen Bewilligung. Sprecher Hanspeter Krüsi: «Ein Gesuch dafür haben wir bei der Kantonspolizei St. Gallen nie gesehen. Abgesehen davon würden wir das auch gar nicht bewilligen. Für Filmdrehs gibts schliesslich Attrappen-Waffen.»

David Mynall, Sprecher der Kantonspolizei Schwyz, will mit Blick auf das im Kanton St. Gallen laufende Verfahren nicht sagen, ob im Kanton Schwyz eine entsprechende Bewilligung erteilt wurde oder nicht.

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