«Wir haben 30 Tage St. Gallen-Verbot bekommen»
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Junge über Rayonverbote:«Wir haben 30 Tage St. Gallen-Verbot bekommen»

Junge nerven sich über Rayonverbote in St. Gallen
«Ich wollte nur grillieren gehen»

Nach den Freitags-Krawallen in St.Gallen verweist die Polizei am Sonntag 500 Jugendliche der Stadt. Im BLICK sprechen betroffene Jugendliche über ihr 30-tägiges Rayonverbot.
Publiziert: 05.04.2021 um 18:39 Uhr
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Aktualisiert: 06.04.2021 um 18:03 Uhr
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Ein Aufruf hat die Befürchtung aufkommen lassen, dass es am Ostersonntag in St. Gallen wieder zu Krawallen kommt.
Foto: Telegram

Als für Sonntagabend erneut Krawalle in St. Gallen angekündigt wurden, griff die Polizei durch. Die Beamten sprachen Hunderte Wegweisungen aus – auf Verdachtsbasis. 30 Tage dürfen sich die Verwiesenen nicht mehr in der Stadt aufhalten. Unabhängig davon, ob sie bereits mit den Krawallen am Freitag zu tun hatten. Unabhängig davon, weshalb sie in St. Gallen waren.

Dan Pedretti (23) aus Zürich kam am Sonntagabend gegen 19.30 Uhr am St. Galler Bahnhof an. Der Student war auf dem Weg zum gemeinsamen Grillieren mit einem Freund. «Sobald ich aus dem Zug stieg, wusste ich, dass etwas nicht stimmte», erzählt er. Beim Verlassen des Bahnhofs sei er von einem Polizeiblock in Vollmontur empfangen worden.

«Ich wurde aggressiv und unfreundlich angesprochen. Sie liessen mich mit etwa vierzig anderen Jungs an der Wand antreten», erzählt Pedretti. Danach habe er eine Ausreiseverfügung unterschreiben müssen und habe 30 Minuten Zeit bekommen, die Stadt zu verlassen. «Es ist ein klarer Machtmissbrauch», findet der gebürtige Tessiner, der sich in seinen Rechten missachtet fühlt.

Zur falschen Zeit am falschen Ort?

Auch Tobias (30)* war wohl zur falschen Zeit am falschen Ort. Eigentlich habe er sich und seiner Freundin nur das bestellte Sushi in einem Restaurant am Bahnhof abholen wollen. Vor dem Laden fing ihn die Polizei für eine Überprüfung der Personalien ab. «Mein Sushi-Ausflug hat dazu geführt, dass ich nun 30 Tage nicht zu meiner Freundin darf», schreibt der Banker, der ebenfalls eine Wegweisung erhielt. Er beteuert: «Ich habe sicherlich nichts am Hut mit den Krawallen.»

BLICK sprach mit weiteren Jugendlichen, die nach eigenen Angaben ebenfalls unrechtmässige Rayonverbote erhielten. Zwei Jungs erzählten, sie seien auf dem Weg zu einem Essen mit einem Kollegen gewesen. Sie hätten nur auf den Bus gewollt und seien gleich rausgenommen worden. Doch die Polizei glaubte die Geschichte nicht. Die Folge: Beide wurden für 30 Tage der Stadt verwiesen.

«Wir haben nicht nur Jugendliche weggewiesen»
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Stadtpolizei zu Vorwürfen:«Wir haben nicht nur Jugendliche weggewiesen»

Polizei zweifelt an der Glaubwürdigkeit der Jugendlichen

Ein Polizeisprecher bestätigt BLICK die Wegweisungen. Er sagt aber auch, dass nicht alle ein Verbot bekommen würden. «Sondern nur diejenigen, die nicht glaubhaft darlegen können, dass sie aus einem anderen Grund als zum Protestieren hier sind.» Angesprochen auf die beiden BLICK-Protagonisten, die ihren Kollegen besuchen wollten, sagt die Polizei bloss: «Es haben ja keine Restaurants offen. Am Ende geht es um die Glaubwürdigkeit.»

Auf die Frage, wieso man auch ältere Personen verwiesen habe, erklärt Roman Kohler, Mediensprecher der Stapo St. Gallen: «Wir haben bei den Ausschreitungen der vergangenen Freitage eben nicht ausschliesslich junges Publikum gehabt.» Deswegen habe man am Sonntag nicht nur Jugendliche kontrolliert, sondern grundsätzlich geprüft wer die Personen sind und was sie am Ostersonntag nach St.Gallen führt: «Wenn jemand keine glaubwürdige Aussage treffen konnte, ist es durchaus möglich, dass auch Ältere der Stadt verwiesen wurden». (aua)

* Name geändert


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