«Ich habe gezittert wie Espenlaub», beschreibt Corinne Trümpi (46) den Moment als in Schwanden GL ein ganzer Hang auf ihr Haus zurollte. Die Glarnerin habe im Wohnzimmer gesessen, als ihr Hund plötzlich anfing zu bellen. «Ich schaute aus dem Fenster und sah, wie eine Schlammwelle das Nachbarhaus traf. Der Moment sei beängstigend gewesen. «Die Bäume knickten um wie Streichhölzer». Sofort habe sie ihren Hund gepackt, sei vor die Tür gerannt und brachte sich in Sicherheit. Einige Zeit später sei eine Nachricht von den Behörden gekommen. Trümpi müsse die Umgebung sofort verlassen. Noch kurz bekam sie, in Begleitung eines Feuerwehrmanns, die Gelegenheit, ein paar wenige Sachen zu packen. Dann hiess es über Funk: «Alle sofort raus!»
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Trümpi hat keine Ahnung, wie es derzeit um ihr Haus steht. Sie weiss nur, dass meterhoher Schutt ihre Strasse bedeckt. Das Schlimmste sei die Ungewissheit, erklärt die 46-Jährige. Sie wisse nicht, wie es weitergeht. «Ich habe nichts mehr. Nur noch die Sachen, die ich am Leib trage.» Trümpi wirkt zwar gefasst, dennoch kann man sich kaum vorstellen, was sie die letzten Tage durchmachen musste.
«Die Menschen haben nichts mehr»
Ronny Thut (30) erlitt dasselbe Schicksal. Von einem auf den anderen Moment musste der 30-Jährige sein Elternhaus, in dem er zur Miete lebt, verlassen. Am Mittwoch sagt er zu Blick: «Vermutlich ist unser Haus komplett zerstört.» Neuste Drohnenaufnahmen zeigen, wie das Gebäude fast bis zum Dach zugeschüttet ist. Für die ganze Familie ein grosser Schock: «Ich muss mich neu organisieren – Unterhosen, Socken und Kleider einkaufen.» Thut ist derzeit bei seinen Eltern untergekommen, er wolle aber rasch nach einer neuen Wohnung suchen: «Das Leben muss weitergehen», sagt er zu Blick.
Corinne Trümpi lebt derzeit bei ihrer guten Freundin Jeanette Beer (40). Nach dem Schock vom Dienstagabend fand sie erst einmal bei ihr Unterschlupf. Für die 40-jährige Hundetrainerin war sofort klar, dass sie helfen muss. «Wenn man mich braucht, bin ich sofort da. Diese Menschen haben schliesslich nichts mehr.» Die Solidarität in der Region sei glücklicherweise gross. Doch ein Punkt bereitet Beer Sorgen: In dem gesperrten Gebiet befinden sich noch diverse Tiere, unter anderem mehrere Katzen. «Es macht mich wütend, dass man es noch nicht geschafft hat, die Katzen aus dem Randgebiet der Sperrzone zu evakuieren.»
Gemisch aus Verzweiflung und Wut
Der Besitzer der Katzen, Rolf Albert (54), hält die Situation langsam nicht mehr aus. «Ich verstehe, dass man nicht ins akute Gefahrengebiet hinein kann, jedoch wünschte ich mir eine direktere Kommunikation seitens der Behörden», sagt der 54-Jährige.
Auf Nachfrage erklärt der Stabschef des Einsatzes, Hans-Peter Speich, dass die Betroffenen die Tiere derzeit nicht holen können. «Ihr Leben wäre gefährdet, wenn das Wasser und der Schlamm hinunterkämen. Das geht so schnell.» Die Menschen könnten unter Umständen nicht mehr aus ihren Häusern fliehen. Die Behörden seien froh, dass bis jetzt niemand zu Schaden gekommen ist. Das soll auch so bleiben. Speich schliesst aber nicht aus, dass für die Betroffenen, die an einem sichereren Ort leben als andere, früher zu ihren Tieren können. «Wir machen das Möglichste unter Hochdruck – damit die Menschen ihre Tiere herausholen können.»