Das Protokoll der Schreckens-Nacht | Um 20.02 Uhr ging der erste Alarm ein, um 21.05 schoss die Polizei Sascha I. (17) nieder
63 Minuten Angst in Flums

Der Lette Sascha I.* (17) startet am Sonntagabend einen wahren Amoklauf. Mit einem Beil verletzt er acht Menschen schwer – die Polizei stoppt die Wahnsinnstat mit Schüssen an der Agrola-Tankstelle. Nach 63 quälenden Minuten.
Publiziert: 23.10.2017 um 23:57 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 22:21 Uhr
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Sascha I. ist der Beil-Amok von Flums SG.
Foto: Zvg

Alles beginnt am Sonntagabend um 20.02 Uhr mit einem einfachen Feueralarm in der Dammstrasse in Flums SG. Es ist die Wohnadresse von Sascha I.* (17). Als die Retter an seinem Wohnort eintreffen, ist der Brand bereits gelöscht. Nur: Der junge Lette ist nicht mehr vor Ort. Er startet fast zeitgleich seinen brutalen Amoklauf.

Schon drei Minuten später, gegen 20.05 Uhr, schleicht sich Sascha I.* (17) auf dem Postplatz an ein junges Ehepaar. Reto (35) und Sonja B.* (30) sind mit ihrem Bub (acht Monate) unterwegs. Sie sehen den Angreifer nicht. Er kommt von hinten – bewaffnet mit einem Beil. Ohne Vorwarnung schlägt Sascha I. auf die junge Frau ein – immer wieder. Ihr Mann greift ein, versucht die Attacke irgendwie abzuwehren. Der kleine Bub fällt bei der Auseinandersetzung aus seinem Kinderwagen auf die Strasse – das Kind wird zum Glück nicht verletzt. 

Der junge Vater erleidet einen Kiefer- und Halswirbelbruch

Umso schwerer trifft es die jungen Eltern. Reto B. erleidet einen Kiefer- und Halswirbelbruch, er liegt schwer verletzt im Spital und wird heute operiert. Seine Frau Sonja bricht sich den Ellenbogen – auch sie befindet sich in Spitalpflege. 

Ihr Leben verdanken sie wohl auch dem mutigen Einsatz des älteren Ehepaars M.*. Der Mann (72) und die Frau (59) kommen aus den Ferien und wollen am Abend noch schnell einen Brief einwerfen, als sie Zeuge der blutigen Attacke werden. Sofort schreiten sie ein – und werden dabei ebenfalls verletzt. Sascha I. schnappt sich ihren Fiat Sedici – und rast davon. In Flums sind die Anwohner da schon in Aufruhr.

Anwohnerin Andrea S. erinnert sich: «Ich dachte bei dem Grossalarm und dem kreisenden Helikopter erst an einen schweren Verkehrsunfall im Dorfzentrum.» Die Flumserin geht zum Tatort und bemerkt das grosse Polizeiaufgebot. «Man schickte uns gleich weg und sagte, wir sollten alle schnell zurück ins Haus.» Sie sieht auch einen Verletzten: «Es war ein alter Mann, der sichtlich unter Schock stand. Die Sanitäter nahmen ihn mit in den Krankenwagen.»

Der Lette brettert mit Fluchtwagen in Zaun

Der Lette ist derweil verschwunden, kommt bei seiner Irrfahrt aber nicht weit. Nach rund 400 Metern baut er in der Ganischastrasse einen heftigen Unfall, donnert in einen Zaun. Dennoch setzt er seine Flucht zu Fuss fort. Mittlerweile ist auch die Kantonspolizei auf seinen Fersen. Sascha I. schafft es dennoch bis zur 1,5 Kilometer entfernten Agrola-Tankstelle – und schlägt dort wieder zu.

Mittlerweile ist es gegen 21 Uhr. Der Lette will wieder ein Auto kapern und attackiert zwei Kundinnen (27 und 44 Jahre alt). Die beiden Frauen retten sich in den Verkaufsraum. Dort kommt es zu wüsten Szenen. Anwohnerin Andrea S. sagt: «Wie ich gehört habe, hat Heidi, die Tankstellenverkäuferin, noch Schlimmeres verhindert. Der Typ ist wohl direkt auf eine Kundin los.» Tankstellenverkäuferin Heidi B. (21) erleidet bei ihrem mutigen Einsatz eine tiefe Schnittwunde in der Hand.

Erst scharfe Schüsse stoppen den Beil-Amok

Polizisten, die am nahen A-13-Zubringer mögliche Fluchtwege absperren, hören die Hilfeschreie von der nahen Tankstelle. Sofort eilen die Beamten zum Tatort. Dort treffen sie auf den Letten, der sich der Festnahme verweigert. Die Polizisten eröffnen das Feuer – mit einem Taser feuern sie Schüsse ab. Doch diese verfehlen die Wirkung, der Lette geht noch nicht zu Boden.

Die Beamten zücken ihre Waffen und schiessen scharf. Sascha I. wird mehrmals getroffen, um 21.05 Uhr sackt er schliesslich zusammen. Nach 63 Minuten ist der Horror vorbei. Der Lette wird festgenommen und ins Spital gebracht. Sein Beil trug er bis zum Ende bei sich.

* Name der Redaktion bekannt

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