«Das geht gar nicht»
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Verdreckte Toi-Toi-WCs:Heizungsmonteur erträgt Situation nicht länger

Büezer Peter Stingelin aus Nussbaumen TG hat die Nase gestrichen voll von mobilen Baustellen-WCs
Toi Toi ist pfui pfui!

Auf Baustellen herrschen teils katastrophale hygienische Zustände. Das sagt Heizungsmonteur Peter Stingelin (57), der seit Jahrzehnten auf dem Bau tätig ist. Die strikten Corona-Massnahmen haben die Situation für Büezer nun zusätzlich drastisch verschlechtert.
Publiziert: 26.01.2021 um 01:44 Uhr
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Aktualisiert: 26.01.2021 um 17:14 Uhr
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Peter Stingelin hat die Nase voll: Der Heizungsmonteur kritisiert die mangelnde Hygiene auf Baustellen.
Foto: Nathalie Taiana
Flavio Razzino

Der Beizen-Lockdown hat für die Büezer auf den Baustellen harte Konsequenzen. Insbesondere bei diesem Winterwetter. So arbeiten sie den ganzen Tag draussen in der Kälte – und weil die Beizen geschlossen sind, haben sie auch in den Pausen keine Chance, sich aufzuwärmen. «Macht die Beizen zu Kantinen!», fordert darum die Obwaldner SVP-Nationalrätin Monika Rüegger (52) im BLICK.

Eine Forderung, die Peter Stingelin (57), Heizungsmonteur aus Nussbaumen TG, sofort unterstützt. Noch nie hätten er und seine Berufskollegen sich so sehr als «Menschen zweiter Klasse» gefühlt wie in dieser Corona-Zeit. «Ich glaube, diejenigen, die sich im warmen Büro die Corona-Massnahmen ausdenken, vergessen, dass wir Büezer sie draussen bei klirrender Kälte ertragen müssen», sagt er.

Fliessend Wasser schon Luxus

Das Schlimmste an den geschlossenen Beizen laut Stingelin: Er und seine Berufskollegen hätten nun auch keine Möglichkeit mehr, im Warmen aufs WC gehen zu können. «Uns bleiben nur noch die Toi-Toi-WCs auf den Baustellen.» Das könne keine Lösung sein!

«Während wir täglich überall lesen, wie wichtig Hygiene bei der Eindämmung des Coronavirus ist, sitzen wir Büezer auf ungeheizten Plumpsklos, die nie gereinigt werden, in denen es kein fliessend Wasser gibt und wo man beim Eintreten das Geschäft des Vorangegangenen bestaunen muss!» Eine Zumutung sei das, sagt der Büezer. «Vor dem Lockdown konnten wir uns noch selber helfen, indem wir die WCs in der Beiz nutzten.»

Ein BLICK-Besuch auf mehreren Baustellen in der Region Frauenfeld zeigt: Wenn überhaupt sanitäre Anlagen für die Handwerkerinnen und Handwerker vorhanden sind, stehen sie vor Dreck und stinken bestialisch. «Kein Mensch würde freiwillig solche WCs aufsuchen, in die wir Handwerker auf dem Bau täglich gezwungen werden», so Stingelin.

Prekäre Lage auf vielen Baustellen

Das WC-Problem kennt auch die Gewerkschaft Unia. So sagt Kommunikationschef Serge Gnos zu BLICK: «Die Situation ist insbesondere im Bau-Nebengewerbe vielerorts prekär. Das war sie zwar mit Blick auf die Hygiene schon vor Corona, jetzt mit den geschlossenen Beizen hat sich das aber drastisch verschlechtert.»

Das Problem: Viele Arbeitgeber, die schlussendlich für die eigenen Mitarbeiter auf Baustellen zuständig sind, würden das Thema Hygiene nicht ernst genug nehmen. «Die glauben, es reiche, einfach eine Toi-Toi-Box hinzustellen.»

Es gibt kein Recht auf ein beheiztes WC

Tatsächlich sind die Arbeitgeber dafür verantwortlich, dass ihre Angestellten saubere sanitäre Anlagen aufsuchen können. Das bestätigt Adrian Vonlanthen von der Suva. Das Arbeitsgesetz verlange im Normalfall auf Baustellen mindestens eine Toilette auf 20 Beschäftigte. «Darüber hinaus müssen Arbeitnehmende ihre Hände unter fliessendem Wasser mit Seife waschen und diese anschliessend mit Einwegtrocknungstüchern trocknen können», so Vonlanthen weiter.

Selbstverständlich, oder? «Schön wärs», weiss Stingelin. «Ich arbeite seit 40 Jahren auf dem Bau und habe in meinem Leben noch nie eine Baustellenkontrolle erlebt, auf der auch die sanitären Anlagen inspiziert wurden!»

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