Im Frühjahr gab es einen Streit zwischen Gewerkschaften und Baufirmen. Es ging um die Covid-Schutzmassnahmen und deren Überwachung, die in der Verantwortung der Kantone liegt. Zur Entlastung der Parteien beauftragte der Bund die Suva, die Einhaltung der Regeln auf dem Bau zu überprüfen.
Seither sendet der Unfallversicherer Covid-Kontrolleure aus – mittlerweile 45 an der Zahl. Sie müssen 30'000 Baustellen überwachen, auf denen 350'000 Büezer arbeiten. Nur logisch, dass da lediglich Stichproben möglich sind: Mehr als 600 Kontrollen im Monat liegen für die Suva nicht drin.
Deshalb entgeht ihren Kontrolleuren auch eine Entwicklung, die in die falsche Richtung läuft.
Baufirmen stehen derzeit unter massivem Zeitdruck. Denn die Bauherren bestehen auf Terminen, die ihnen die Firmen noch vor Corona zugesagt haben. Viele Unternehmer geben den Druck an ihre Angestellten weiter. Sie müssen pünktlich liefern – und selber schauen, wie das mit den zeitraubenden Schutzmassnahmen zusammenpasst. Die Folge: Zeitplan geht vor Schutzkonzept. Denn die Bauarbeiter fürchten um ihren Job.
Dass diese Furcht nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigen Gespräche, die SonntagsBlick mit mehreren von ihnen führte. Die Büezer sprechen von einem Klima der Angst und berichten von Kollegen, die entlassen wurden – weil sie sich über die Situation beschwerten.
Jetzt hat die Gewerkschaft Unia reagiert. Sie fordert wirksame Kontrollen auf den Baustellen, wie sie 45 Suva-Experten nicht leisten können.Weshalb nun die Kantone in der Pflicht stehen: Sie sind für den Schutz der Arbeiter verantwortlich und müssen die Kontrollen übernehmen. Das kostet zwar Geld, ist aber allemal besser, als sich aus der Verantwortung zu stehlen.
Klar ist nämlich: Ein paar Stichproben reichen nicht. Denn viele Baufirmen sind nicht bereit, etwas zu ändern. Das zeigen die Reaktionen der Branchenvertreter. Sie sehen keinen Handlungsbedarf und behaupten, dass die Schutzkonzepte funktionieren. Zu den Berichten der Büezer gegenüber SonntagsBlick sagen sie: Einzelfälle kommentiere man nicht.
Die Frage sei erlaubt: Wie viele Fälle braucht es denn?