Neue Bührle-Ausstellung
Das Kunsthaus macht eine Kehrtwende und erntet wieder Kritik

Das Kunsthaus Zürich setzt sich in der neuen Ausstellung kritisch mit der Sammlung Bührle und seiner eigenen Rolle auseinander. Und gibt einigen Opfern eine Stimme. Doch einem Experten-Gremium reicht das nicht.
Publiziert: 02.11.2023 um 17:04 Uhr
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Aktualisiert: 03.11.2023 um 09:53 Uhr
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Das Kunsthaus Zürich eröffnet seine neue Bührle-Ausstellung.
Foto: keystone-sda.ch
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Rebecca WyssRedaktorin Gesellschaft / Magazin

Ein Blick in den Saal im Kunsthaus zeigt die Brisanz der Angelegenheit: Rund 100 Medienleute aus aller Welt finden kaum Platz in den dicht bestuhlten Reihen. Der Anlass: Das Kunsthaus Zürich eröffnet die Neu-Ausstellung der wohl umstrittensten Kunstsammlung der Schweiz: Jene des Waffenfabrikanten Emil Bührle mit dem Titel «Eine Zukunft für die Vergangenheit: Sammlung Bührle – Kunst, Kontext, Krieg und Konflikt». Doch kurz zuvor gab es einen Knall. Aber der Reihe nach.

2021 war die Sammlung Bührle (1890-1956) schon mal im Kunsthaus-Neubau zu sehen und sorgte für heftige Kritik. Der Waffenhändler hatte davon profitiert, dass jüdische Sammler und Eigentümer gezwungen waren, aus der Not ihre Werke zu verkaufen. Darüber verlor die Ausstellung kaum ein Wort. Auch nicht über sein Wirken als Kriegsprofiteur. Kritiker wie der Historiker Erich Keller, (55) der mit seinem Buch «Das kontaminierte Museum» die Debatte mit anstiess, forderten daraufhin, die Werke gar nicht mehr zu zeigen. Für das Kunsthaus kommt das nicht infrage. Die Kunsthaus-Direktorin Ann Demeester (48) hat nun vor den Medien erklärt, weshalb: «Emil Bührle ist Teil der DNA des Kunsthauses.» Zeige man die Werke nicht, ignoriere man die belastete Vergangenheit. Die neue Ausstellung hingegen stosse eine wichtige Diskussion an.

So kam es zum Knatsch

Das tat sie schon vor der Eröffnung. Ein Jahr lang begleitete ein Experten-Beirat die Arbeiten an der Ausstellung kritisch. Mitte Oktober hiess es: Wir treten geschlossen zurück. Die Beirätin Stefanie Mahrer hat nun vor den Medien erklärt: «Bührle steht dominant im Zentrum der Präsentation.» Der Mann, sein Wirken, zieht sich wie ein roter Faden durch die Räume. Das ist der eine Kritikpunkt, so Mahrer: «Die jüdischen Eigentümer verschwinden hinter der Sammlung der Kunstwerke.» Der andere: Die Rolle der Schweiz als Drehscheibe für den Kunsthandel während des Zweiten Weltkriegs. Auch dies komme zu kurz.

Ann Demeester reagierte defensiv: «Es ist unvermeidlich, dass Emil Bührle sich durch die ganze Ausstellung hindurch zieht.» Anlass dafür sei ja seine umstrittene Sammlung. Doch sie zeigte sich auch versöhnlich und bedankte sich für die kritische Begleitung des Beirats, ohne diese die Ausstellung so nicht möglich gewesen sein würde.

Ein guter Anfang

Der Belgierin, die ihren Job erst Anfang Jahr angetreten hat, ist es ernst. Das zeigt ein Rundgang durch die Ausstellung. Zwischen den grossen französischen Meistern Monet und Renoir kann man nachlesen, -hören und -sehen, wie die Schweiz, das Kunsthaus und ein Netz von Profiteuren Emil Bührle unterstützt haben. Dank ihnen stieg er zum reichsten Mann der Schweiz auf, der seine Kunstsammlung mit dem Geld aus dem dreckigen Kriegsmaterialgeschäft aufbaute. Auf dem Rücken von jüdischen Verfolgten. Ihnen ist ein Raum gewidmet, mit schockierenden Biografien. Diese Darstellung nimmt unbestritten weniger Platz ein als Emil Bührle.

Ob sich das noch ändert, wird sich zeigen. Ann Demeester sagte: «Die jetzige Ausstellung ist erst ein Anfang.» Sie sei dynamisch. Derzeit überprüft der Historiker Raphael Gross (57) die Provenienzen (Herkunft) der Sammlung Bührle. Sobald die Resultate im kommenden Sommer vorliegen, fliessen diese in die Ausstellung ein.

Ausstellung «Eine Zukunft für die Vergangenheit. Sammlung Bührle: Kunst, Kontext, Krieg und Konflikt»

Die Ausstellung verläuft in mehreren Phasen. Die jetzige beleuchtet einige Werke aus der Sammlung Bührle, die umstritten sind, kritisch. Darunter: Irène Cahen d’Anvers von Pierre-Auguste Renoir oder zwei Seerosenbilder von Claude Monet. Viele der gezeigten Bilder kamen in Bührles Besitz, weil sie von den Nazis geraubt oder jüdische Eigentümer sie in der Not verkaufen mussten. Hinzu kommen zahlreiche Videostatements, die kontroverse Meinungen zur Sammlung Bührle abbilden. Sowie kurze Texte mit Biografien von jüdischen Vorbesitzenden. Im Frühling startet ein Zusatzprogramm: Eine Performance der Künstlerin Alexis Blake über Trauer, Klagelieder und Verlust sowie ein Gespräch mit der Künstlerin Miriam Cahn. Ab Sommer, wenn der neue Provenienzbericht vorliegt, passt das Kunsthaus die Ausstellung erneut an.

Die Ausstellung verläuft in mehreren Phasen. Die jetzige beleuchtet einige Werke aus der Sammlung Bührle, die umstritten sind, kritisch. Darunter: Irène Cahen d’Anvers von Pierre-Auguste Renoir oder zwei Seerosenbilder von Claude Monet. Viele der gezeigten Bilder kamen in Bührles Besitz, weil sie von den Nazis geraubt oder jüdische Eigentümer sie in der Not verkaufen mussten. Hinzu kommen zahlreiche Videostatements, die kontroverse Meinungen zur Sammlung Bührle abbilden. Sowie kurze Texte mit Biografien von jüdischen Vorbesitzenden. Im Frühling startet ein Zusatzprogramm: Eine Performance der Künstlerin Alexis Blake über Trauer, Klagelieder und Verlust sowie ein Gespräch mit der Künstlerin Miriam Cahn. Ab Sommer, wenn der neue Provenienzbericht vorliegt, passt das Kunsthaus die Ausstellung erneut an.

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