Nächste Pandemie nach Corona?
Diese Verschwörungstheorien verbreiten Affenpocken-Panik

Bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2021 wurde ein fiktives Planspiel zum Ausbruch eines biologisch manipulierten Affenpockenvirus durchlaufen. Wie beim Coronavirus wittern Skeptiker nun eine Verschwörung.
Publiziert: 24.05.2022 um 15:48 Uhr
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Aktualisiert: 24.05.2022 um 17:20 Uhr
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Die typischen Affenpocken-Symptome: Hautausschlag mit sekretgefüllten Bläschen, sie mit der Zeit verkrusten.
Foto: keystone-sda.ch

Eine Affenpocken-Pandemie als diabolischer Plan der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Weltelite. So bewerten manche User auf Social Media die neusten Affenpocken-Fälle. Hashtags wie #plandemie oder #wakeup feiern nach dem Abflauen von Corona ein Comeback. Die Verbreiter sind häufig altbekannte Verschwörungstheoretiker.

Ihre dunklen Vermutungen werden unter anderem dadurch genährt, dass an der Münchner Sicherheitskonferenz im März 2021 ein fiktives Planspiel zum Ausbruch eines biologisch manipulierten Affenpockenvirus durchlaufen wurde. Imaginärer Starttermin: 15. Mai 2022. Der erste tatsächliche Affenpocken-Fall wurde aktuell am 7. Mai 2022 gemeldet. «Zufälle gibts!», wittern deshalb einige User im Internet bereits eine hinterhältige Verschwörung.

Wasser auf die Mühlen der Verschwörungstheoretiker ist auch der Umstand, dass die G7-Staaten und die WHO derzeit eine Übung planen, in der eine Pockenpandemie simuliert werden soll. Es gehe darum, zu erfahren, ob aus Fehlern der Vergangenheit effektive Lehren gezogen worden seien, sagte der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach (59) letzte Woche in Berlin zu Beginn der Beratungen der Gesundheitsminister der sieben führenden Industriestaaten.

Affenpocken sind nicht das nächste Corona

Dass solche Szenarien durchgespielt werden, ist in Wirklichkeit nichts Aussergewöhnliches. Entwickelt wurden Planspiele eigentlich für den militärischen Bereich. Pandemie-Simulationen wurden nach dem Jahr 2000 populär und erhielten nicht zuletzt wegen Corona zusätzlichen Aufwind. Ziel ist es, Schwachstellen bei der Entscheidungsfindung und im Gesundheitsbereich ausfindig zu machen und zu korrigieren, damit man für den Ernstfall besser vorbereitet ist.

Dabei gehen Fachleute nicht davon aus, dass es sich bei den Affenpocken um die nächste Pandemie nach dem Coronavirus handelt. Zwar ist eine Übertragung von Mensch zu Mensch möglich, aber das Virus breitet sich bisher eher begrenzt aus.

So betrugen laut der WHO die bislang längsten dokumentierten Infektionsketten nur 6 bis 9 Personen. Auch in der Schweiz wurde am vergangenen Freitag der erste Affenpocken-Fall registriert. Wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf seiner Homepage schreibt, verläuft die Krankheit in der Regel mild. «Die meisten Betroffenen erholen sich innerhalb weniger Wochen.»

Welt in drei Punkten besser vorbereitet als bei Corona

Zwar gibt es bei den Affenpocken noch Wissenslücken. So ist etwa wenig über Langzeitfolgen bekannt. Zudem gibt es auch Unklarheiten, was den Übertragungsweg betrifft. Fest steht, dass das Virus vom Tier an Menschen weitergegeben werden kann.

Eine Aerosol-Übertragung wird bisher nicht angenommen. Vermutlich findet die Übertragung über Tröpfcheninfektion statt. In Grossbritannien waren in den vergangenen Wochen vier von fünf gemeldeten Fällen Männer, die Sex mit anderen Männern hatten. Die Behörden gehen daher momentan von einer sexuellen Übertragung des Virus aus, wobei auch andere Übertragungswege infrage kommen.

In drei entscheidenden Punkten ist die Welt bei den Affenpocken besser vorbereitet als bei Corona: Erstens gibt es eine Grundimmunität gegen Pocken, denn manche Menschen sind noch gegen die 1980 als ausgerottet eingestuften menschlichen Pocken geimpft – die Impfung schützt gegen beide Pockenarten. Zweitens gibt es somit auch eine Impfung gegen Affenpocken, was bei Corona zuerst nicht der Fall war. Drittens gibt es auch bereits Medikamente gegen den Erreger. (noo)

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