Video zeigt Zugriff auf Impfchef-Entführer
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Aufnahmen aufgetaucht:Video zeigt Zugriff auf Impfchef-Entführer

Nach Schiesserei in Wallisellen ZH
Zürcher Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen Polizei

Kevin W. entführte Impfchef Christoph Berger und liess ihn später wieder frei. Als die Polizei den Deutschen festnehmen wollte, kam es zu einer Schiesserei. W. wurde dabei getötet. Jetzt wird ein Verfahren gegen die zuständigen Polizisten eingeleitet.
Publiziert: 12.04.2022 um 16:56 Uhr
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Aktualisiert: 12.04.2022 um 19:17 Uhr
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Bei dieser Tiefgarage in Wallisellen wurde Kevin W. erschossen. Er entführte zuvor den Impfchef Christoph Berger und erschoss danach seine Freundin.
Foto: Nicolas Lurati

Die Festnahme des Impfchef-Entführers Kevin W.* (†38) in Wallisellen ZH endete letzten Mittwoch blutig. Es kommt zu Schiesserei. Der Deutsche wurde dabei angeschossen. Er überlebte den Einsatz nicht. Die Hintergründe der Entführung von Christoph Berger (59) werden nun ermittelt.

In der Zwischenzeit wurde Jeremy A.* (34) verhaftet. Es handelt sich dabei um Ws.Geschäftspartner. Die Zürcher Staatsanwaltschaft leite auf Anfrage von Blick mit, dass der Tatvorwurf gegen A. unter anderem «Beteiligung an der Freiheitsberaubung, Entführung sowie versuchte Erpressung» laute. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Die Ermittlungen konzentrieren sich aber nicht nur auf Kevin W. und Jeremy A., sondern auch auf die Polizei selber. Die Staatsanwaltschaft untersucht den Gebrauch der Schusswaffen durch die Polizisten. Ein Standard-Prozedere. Denn in der Schweiz wird jeder einzelne Fall, bei dem ein Beamter seine Waffe einsetzt, aufgearbeitet. Dass Polizisten überhaupt zur Waffe greifen und schiessen, ist selten. Für die Jahre 2019 und 2020 gab es nur einen Fall bei der Kantonspolizei Zürich, wie die «NZZ» berichtet.

Beamter hätte auf Verstärkung warten müssen

Oft enden solche Prozesse mit Freispruch, aber nicht immer. 2014 wurde zum Beispiel ein damals 38-jähriger Schwyzer Polizist wegen des Gebrauchs seiner Dienstwaffe verurteilt. Der Beamte hatte am frühen Morgen des 12. September 2012 beim Windstock zwischen Schwyz und der Ibergeregg die Tür eines gestohlenen Fahrzeugs geöffnet, das an einer Ampel wartete. Als der Beifahrer eine Bewegung mit seinem Arm machte, griff der Polizist zur Pistole und drückte ab. Dabei wurde der Beifahrer getötet, der Fahrer überlebte mit Verletzungen.

Das Gericht verurteilte den Polizisten damals wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten. Der Polizist befand sich laut Gericht zwar in einer vermeintlichen Notwehrsituation, näherte sich aber allein dem Fluchtfahrzeug. Im Idealfall hätte er auf Verstärkung warten müssen.

Anders dagegen im Jahr 2020. Damals wurden zwei Polizisten vor Gericht freigesprochen, nachdem sie 14 Schüsse auf Steve P.* (†22) abgegeben hatten. Da der Ostschweizer im Drogenrausch gerade dabei war, die Kinderbetreuerin Giuliana R.* (†46) zu töten, wurden die beiden Beamten schliesslich freigesprochen.

Entführer war geübt mit Waffen

Ob der Gebrauch der Dienstwaffe gerechtfertigt ist, hängt sehr stark von der jeweiligen Situation ab. Klar ist aber, dass die Beamten ihre Schusswaffe nur einsetzen dürfen, wenn sie selbst oder ein anderer Mensch um ihr Leben fürchten müssen.

Eine wichtige Rolle dürfte dabei spielen, ob der Täter eine Waffe bei sich trug. Beim Vorfall in Wallisellen hatte der Entführer eine Waffe bei sich. Bei der Hausdurchsuchung in Wallisellen fand die Polizei Waffen und Munition bei dem Deutschen. Kevin W. trainierte gemäss Blick-Recherchen regelmässig in einem Schiesskeller in Spreitenbach AG, war also geübt im Umgang mit Waffen.

Die Hintergründe der Entführung sind noch unklar. Laut Berger habe W. Geld gefordert. «Er hat mich in dieser Zeit mit der Forderung eines substanziellen Geldbetrags konfrontiert. Diese Forderung hat er mit Drohungen verknüpft, was passieren könnte, wenn ich der Forderung nicht innert der von ihm genannten Frist nachkäme», berichtet der Impfchef. Als er ihm zugesichert hätte, die Forderung zu erfüllen, habe er wieder gehen dürfen. Er habe sich daraufhin sofort bei der Polizei gemeldet. (obf)

* Namen geändert

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