Filmreife Szenen in der Nacht auf Mittwoch in Solothurn! Unbekannte sprengen den Bancomaten der Baloise Bank SoBa AG in der Brunngrabenstrasse – um 2.40 Uhr wird die Polizei alarmiert.
Ein Video einer Blick-Leserin zeigt, wie die dreisten Panzerknacker vorgehen. Die Sirene einer Alarmanlage heult durch die stockfinstere Nacht. Ein schwarz gekleideter Mann steht währenddessen seelenruhig an der Strasse und hält Wache, in der Hand einen auffälligen roten Gegenstand – ein Feuerlöscher? Sein Komplize werkelt unterdessen irgendwo in den Trümmern des gesprengten Bancomaten, sammelt ein, was er kriegen kann.
Plötzlich geht aber alles ganz schnell: Mit einer grossen Reisetasche bepackt, steigen die beiden maskierten Gestalten auf einen Roller und düsen davon – ohne Kennzeichen, ohne Licht.
Anwohnerin filmte den Überfall
Gefilmt hat diese eindrücklichen Aufnahmen Anwohnerin Nadine B.* (36), wie sie zu Blick sagt: «Ich bin erwacht, weil es zwei Explosionen gegeben hat. Im ersten Moment habe ich mir nicht viel überlegt, ich habe eher an einen Kurzschluss gedacht. Erst bei der zweiten Detonation bin ich raus und habe geschaut, was los ist.»
Da habe sie realisiert, dass sie gerade Zeugin eines Überfalls wurde. «Ich habe dann gleich versucht, der Polizei anzurufen. Ich bin aber nicht gleich durchgekommen», so die Augenzeugin. «Deswegen habe ich mich darauf konzentriert, alles zu filmen.»
Panzerknacker fühlten sich unbeobachtet
Für die Aufnahmen habe sie sich auf der Terrasse versteckt, berichtet sie: «Ich war in der Hocke und habe das Handy über das Geländer gehalten.» Dass einer der Männer so nah beim Wohnhaus gestanden sei, habe sie erst gesehen, als sie schon draussen war: «Da bin ich schon erschrocken. Aber er hat mich offensichtlich nicht bemerkt und ich habe weiter gefilmt.»
Ihr Sohn sei ebenfalls erwacht und wollte rauskommen. «Ich habe ihm sofort gesagt, dass er in Deckung oder wieder hineingehen müsse. Ich konnte einfach nicht abschätzen, was noch passieren würde», sagt sie zur turbulenten Nacht. «Für heute habe ich ihn von der Schule abgemeldet. Er muss das jetzt zuerst verdauen.»
Hauswartin Ina Angelini (72) lebt direkt oberhalb des Tatortes. Ein lauter Knall habe sie aus dem Schlaf geholt, erzählt sie: «Ich hatte noch nie in meinem Leben so Angst.» Im Nachthemd sei sie nach draussen geflüchtet, überall sei Staub von der Explosion gewesen - doch die Diebe hatten sich im wahrsten Sinne des Wortes bereits aus dem Staub gemacht.
«Die Diebe haben sehr routiniert gewirkt»
Etwa fünf Minuten nach der Flucht der Gauner seien die Einsatzkräfte endlich eingetroffen, sagt Nadine B. «Die Diebe haben sich diesen Bankomaten sicher auch deswegen ausgesucht, weil der nicht so schnell zu erreichen ist», mutmasst die Solothurnerin, die von der Polizei bereits befragt wurde und ihr das Video übergeben hat. «Die Diebe haben auch sehr routiniert gewirkt und haben sich überhaupt nicht stressen lassen.» Die Anwohnerin vermutet auch, dass die beiden Roller-Fahrer Hilfe hatten. Wenige Sekunden nach ihrer Flucht sei nämlich noch ein Auto vorbeigefahren.
Ob die Panzerknacker dieses Szenario wohl schon öfters durchgespielt haben? In den letzten Wochen hat es vermehrt derartige Überfälle auf Bankomaten gegeben. Auffällig: Besonders zu dem Delikt vom 4. Mai in Nussbaumen AG scheint es Parallelen zu geben. Wie auch in Solothurn berichteten Anwohner dort von zwei Explosionen etwa um halb drei Uhr morgens und die Täter sollen laut der Polizei ebenfalls auf einem Roller geflüchtet sein.
Polizei prüft Zusammenhang mit anderen Überfällen
«Es gab in den vergangenen Monaten tatsächlich mehrere ähnliche Vorfälle. Mögliche Tatzusammenhänge werden durch die Polizei geprüft», schreibt die Kantonspolizei Solothurn auf Anfrage von Blick. Wie viel Bargeld die Gauner erbeuten konnten, gibt sie aber aus ermittlungstaktischen Gründen nicht bekannt.
* Name bekannt