Janine Baltisberger (36) aus Kappel SO schiessen direkt die Tränen in die Augen, als sie über die Beissattacke spricht. Sie hält ihren kleinen Sohn Ryan (1) im Arm und drückt ihn fest an sich – unendlich dankbar dafür, dass er noch am Leben ist. Kopfschüttelnd meint sie: «Ich werde die schrecklichen Bilder nie vergessen.»
Es geschah vor wenigen Wochen, Anfang März. Die Hausfrau war mit ihren Sprösslingen spazieren und schob den Kinderwagen mit ihrem damals neun Monate alten Baby vor sich her. «Plötzlich kam ein Schäferhund angerannt. Ich bin erschrocken, aber es ist nichts passiert. Zusammen mit der Hundehalterin bin ich dann weiterspaziert und habe mich mit ihr nett unterhalten», erinnert sich die Dreifach-Mama. «Die grösseren Kinder haben sogar mit dem Hund gespielt.»
«Ryan hätte sterben können!»
Erst kurz vor dem Daheim der fünfköpfigen Patchwork-Familie sollten sich die Wege trennen. «Mein Baby hat dort so gequengelt, dass ich es aus dem Wagen genommen habe», so die 36-Jährige. Jetzt passierts: Der Hund namens Jarkko springt hoch, reisst ihr das Baby aus den Armen! «Er hat ihn am Oberschenkel erwischt und schüttelte ihn.»
Die Hundehalterin habe immerhin beherzt eingegriffen und so dem bissigen Schäfer den Kiefer öffnen können. «Da konnte ich Ryan endlich losreissen», sagt Baltisberger mit brüchiger Stimme. «Er hätte sterben können!» Doch der Bub kommt zum Glück mit Bissverletzungen und blauen Flecken davon.
Beiss-Schäfer hätte Maulkorb tragen sollen
Was die Mutter zu diesem Zeitpunkt nicht wusste: Hund Jarkko war kein unbeschriebenes Blatt! Er hatte im Herbst 2020 den Malteser Tyson in Wangen bei Olten SO übel zugerichtet, auch einen Chihuahua soll er angegriffen haben. Kurz darauf zog die Hundebesitzerin offenbar nach Kappel SO.
Mittlerweile haben die Eltern von Ryan eine Kopie des Strafbefehls gegen die Besitzerin des Beiss-Schäfers erhalten. Vater Stefan Nydegger (31) sagt empört: «Die Frau hat nur eine bedingte Geldstrafe und 150 Franken Busse erhalten. Und das, obwohl der Hund eigentlich hätte Maulkorb tragen und angeleint sein müssen. Hätte sie sich daran gehalten, wäre unserem Baby nichts passiert.» Er kritisiert vor allem die Behörden: «Warum wurde nicht kontrolliert, ob sie sich an die Auflagen hält?»
Besitzerin schläferte Jarkko nach Attacke ein
Auf Anfrage von Blick heisst es beim zuständigen Oberamt Olten-Gösgen: «Man hat damals im Rahmen der Möglichkeiten gemäss Hundegesetzgebung die verhältnismässigen und nötigen Massnahmen in die Wege geleitet. Nach unserem Kenntnisstand hat sich die Hundehalterin an diese Auflagen gehalten.»
Unterdessen ist der Fall für das Amt erledigt – denn Jarkko ist tot. Die Halterin hat gemäss Blick-Recherchen den Schäfer aus Eigeninitiative einschläfern lassen. Für eine Stellungnahme war sie jedoch nicht zu erreichen. Laut der Solothurner Staatsanwaltschaft ist der Strafbefehl gegen sie noch nicht rechtskräftig. Es gelte die Unschuldsvermutung.
