Nicht nur in der Region Solothurn gibt es derzeit zwei grosse Fragen in der Bevölkerung: Wer ist der junge Mann, der letzten Sonntagmittag im Bereich der Rötibrücke tot aus der Aare geborgen wurde? Und vor allem: Was ist mit ihm zuvor passiert?
Die Kantonspolizei Solothurn teilte dazu bisher mit, dass man umgehend die Ermittlungen zu den Umständen und der Todesursache eingeleitet habe. Es sei unklar, wie der Mann in die Aare gelangt sei. Man suche Zeugen, die in der Nacht zuvor im Bereich des Ritterquais Beobachtungen gemacht haben. Die Identität der Person sei bekannt. Eine Altersangabe machte die Polizei nicht.
Der Tote stammt aus der Region
Jetzt zeigen Recherchen von Blick: Der Tote heisst Marc H.* (†22). Er wohnte in Basel, war Chemielaborant-Lehrling und ging am Wochenende oft zu seinen Eltern in der Region Solothurn, wo auch seine beiden Geschwister wohnen.
Dort ist man bereit, mit Blick über den rätselhaften Tod von Marc H. zu reden. Denn: «Wir glauben, dass ihm etwas angetan wurde!», sagt sein Bruder Joelito H.* (31) im Beisein seiner Schwester Senja (14) und seiner Eltern (51 und 61).
Marc H. war an einer Party in Solothurn
Dann erzählt der Medizininformatik-Student vom Sonntag. «Meine Mutter rief mich um 9 Uhr besorgt an und sagte, dass Marc noch nicht daheim sei», so Joelito H. Er habe sofort seine Kollegen angerufen. Auch jene Ex-Kantischüler, mit denen sein Bruder am Samstagabend in Solothurn an einer Party war. «Doch niemand wusste etwas. Sie sagten nur, dass sich Marc alleine auf den Heimweg gemacht habe.» Er habe schon etwas getrunken, sei aber nicht besoffen gewesen.
Schon da ahnt Joelito H.: «Marc muss etwas Schlimmes passiert sein.» Deshalb habe er die Polizei angerufen, um eine Vermisstenanzeige aufzugeben. Beamte seien dann gegen 12 Uhr zu ihnen gekommen.
«Er war meine Nummer eins»
Dann der Schock: «Kurz darauf und noch bei uns daheim sagte uns die Polizei, dass Marc tot sei», so Joelito H. Für die Schweizer Familie mit dominikanischen Wurzeln bricht eine Welt zusammen. Der Bruder: «Mit seinem Tod ging auch ein Teil von mir kaputt. Er war meine Nummer eins.»
Doch für die Trauer bleibt Joelito H. fast keine Zeit. Denn er weiss, sein Bruder würde als nicht so guter Schwimmer nie direkt an der Aare spazieren. Und: «Ich hatte schon bald von jemandem gehört, dass dort offenbar fünf Personen auf ihn losgegangen seien und sie ihn wohl ausnehmen wollten.» Marc habe dies vielleicht nicht zugelassen. «Es tut mir selber weh, wenn ich daran denke, dass er sicher gelitten hat.»
Er vermute eine Gruppe aus Olten SO, «die jeweils mit dem letzten Zug nach Solothurn kommt, Leute ausnimmt und wieder geht.» Das Handy seines Bruders, das er habe orten können, sei später mal kurz am Bahnhof Olten angezeigt worden und später anderswo gefunden worden.
Gab es einen Kampf an der Aare?
Zudem sei Marc ohne seine Jacke entdeckt worden. «Man fand sie erst später im Wasser», so Joelito H. Er fragt: «Wer zieht sich zuerst seine Jacke aus, bevor er in die Aare springt?» Die Möglichkeit eines Suizids habe die Polizei am Sonntag gegen 23 Uhr gegenüber seiner Mutter erwähnt. «Sie sagten aber auch, dass mein Bruder wohl bewusstlos ins Wasser gefallen sei, da man kein Wasser in seiner Lunge fand.» Er sei zudem an einem Herzinfarkt gestorben. Es sei somit ein natürlicher Tod. Der Bruder dazu: «Einen Herzinfarkt hat er vielleicht gehabt, nachdem ihm jemand die Halsschlagader zugedrückt hatte.»
Joelito H. sagt, er sei froh, dass er nach der Autopsie die Leiche nochmals ansehen ging. Denn: Marc habe eine krumme Nase, Blutergüsse und blaue Flecken gehabt. «Er sieht aus, als wäre er in einen Kampf verwickelt gewesen.»
Polizei ermittelt «in alle Richtungen»
Der grösste Wunsch von Joelito H. ist: «Wir wollen genau wissen, was vor seinem Tod passiert ist!» Und: Falls es eine Täterschaft gäbe, solle sie sich stellen.
Die Kapo Solothurn sagt auf Nachfrage von Blick nur so viel: «Die Ermittlungen in dem Fall sind weiterhin im Gang und werden in alle Richtungen geführt.»
*Name bekannt