Nicht nur die Menschen im Kanton Solothurn mussten bei dieser Meldung zweimal leer schlucken: Als erster Kanton der Schweiz verbietet er künftig, neue Steingärten anzulegen – ausser, sie sind mit Grünzeug durchzogen.
Gemeinden wie Bubendorf BL, Grenchen SO oder Steffisburg BE haben die Kieswüsten bereits aus der Landschaft verbannt. Grund: Die Steingärten sollen dem Klima und der Biodiversität schaden. Ein nationales Verbot wird in Politikerkreisen bereits diskutiert.
Blick fragte in Kappel SO nach
Und die Fans von Steingärten, was sagen sie? Blick hat sich in Kappel SO umgehört, einem Steingarten-Hotspot. Und der Grundtenor ist eindeutig: Sie haben schon genug Vorschriften vom Staat!
Willy Ackermann (78) hat seine Schottersteine gleich beim Hausbau vor sechs Jahren hinlegen lassen. «Sie sind einfacher zu pflegen. Es gibt weniger Unkraut, das man jäten muss», sagt der pensionierte Firmeninhaber. Und wenn man die Stelle noch mit etwas Grünem durchmische, dann sehe es gut aus.
Steine für ältere Leute «ein klarer Vorteil»
Wenn aber jemand nur Steine hinlege, «dann sieht es sehr kahl aus». Ackermann räumt auch ein: «Für die Vegetation ist eine solche Steinfläche, wenn man darunter eine Plane hat, nicht unbedingt gut.» Er fände auch ein nationales Verbot gut. Aber: «Für ältere Leute, die sich nicht mehr so gut bücken können, sind Steine ein klarer Vorteil.»
Das findet auch Obdulia Rezzonico (67). Beim Thema Steingarten-Verbot kommt die pensionierte Verkäuferin, die seit bald einem Jahr in einem neuen Einfamilienhaus wohnt, richtig in Fahrt: «Der Staat nimmt uns sonst schon alle Freiheiten weg», sagt sie. Zum Argument von Verbotsbefürwortern, dass Lebensraum für Pflanzen und Tiere verschwindet, sagt sie: «Wenn ich hier zwei Steinchen im Garten habe, dann schadet dies den Vögeln nicht. Ich füttere sie das ganze Jahr. Und dafür zahlt mir der Kanton auch kein Geld!»
«Beim Hydranten hat auch niemand nachgefragt»
Sie ist froh, dass ihre Steine bereits gelegt hat. «Dann muss der Kanton sie selber rausschaufeln kommen», sagt sie. Vor allem rechte Politiker sehen beim Steingarten-Verbot einen Eingriff in die Autonomie der Gemeinden und in die Eigentumsrechte. Rezzonico: «Es ist mein Grundstück, und darauf kann ich machen, was ich will – wenn die Nachbarn einverstanden sind.»
Noch etwas will sie festhalten: «Beim Hydranten oder der Strassenlaterne, die auf meinem Grundstück stehen, hat auch niemand vom Staat nachgefragt, ob das in Ordnung ist.» Man werde für alles mit Gesetzen gestresst. «Der Staat soll uns in Frieden und die Leute leben lassen», sagt Rezzonico. «Wir können ja nichts mitnehmen und sind nur vorübergehend auf dieser Welt.» Der Kanton solle schauen, dass es den Menschen gut gehe. «Für das zahlen wir Steuern.»
Steingarten-Verbot «eine Bevormundung»
Madlen Diriwächter (64), die seit bald 30 Jahren in einem Einfamilienhaus wohnt und vor gut fünf Jahren einen Steingarten angelegt hat, findet das Verbot eine Bevormundung. «Wir haben ihn angelegt, weil wir körperlich nicht mehr so fit waren», so die Pflegefachfrau. Sie findet, es werde immer schlimmer mit dem Staat. Man solle den Menschen «die Freiheit lassen, dass sie auf ihrem Grundstück tun können, was sie wollen».
Ein nationales Verbot fände sie «verrückt», sagt Diriwächter. Was sagt sie dazu, dass die Steine Hitze aufnehmen und dies Auswirkungen auf den Klimawandel hat? Und was generell zu mehr Grünflächen? «Das ist ein Stück weit schon richtig», sagt Diriwächter. Aber: «Es gibt noch so viele Felder, wo sich die Natur bedienen kann. Zudem ist so ein Steingarten auch etwas fürs Auge. Lieber so als ein Garten, der zum Anschauen nicht mehr schön ist.»