Indizien nicht ausreichend
Obergericht SG spricht Vater von schwerverletztem Mädchen frei

Sein Sohn ist in seiner Obhut erstickt. Nicolas N. (36) wurde auch noch beschuldigt, seine Tochter fast zu Tode geschüttelt haben. Jetzt ist das Urteil da. Der Vater wurde freigesprochen.
Publiziert: 16.03.2023 um 17:00 Uhr
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Aktualisiert: 17.03.2023 um 18:47 Uhr
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Heute hat das Obergericht Solothurn das Urteil im Fall Nicolas N. verkündet. Der Schweizer wurde freigesprochen..

Das Obergericht des Kantons Solothurn hat am heutigen Donnerstag das Urteil im Fall Nicolas N.* (36) verkündet. Er war beschuldigt worden, im Frühling 2012 seine damals acht Wochen alte Tochter mehrmals geschüttelt zu haben, so dass sie schwere Verletzungen erlitt. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von 8,5 Jahren gefordert. Das Gericht sprach den Vater jetzt von den Vorwürfen frei.

Um den Erstickungstod des ersten Babys des Mannes im Juli 2010 war vor dem Obergericht nicht mehr die Rede. Das Amtsgericht Dorneck-Thierstein SO hatte N. im Mai 2021 mangels Beweisen vom Vorwurf der Tötung seines kleinen Sohnes und der mehrfach versuchten Tötung der Tochter freigesprochen. Den Freispruch im Fall des Buben hatte der Staatsanwalt akzeptiert. Er ist deshalb rechtskräftig.

Am Obergericht ging es deshalb einzig um den Vorwurf der mehrfach versuchten Tötung des kleinen Mädchens. Auch hier hatten die Indizien dem Amtsgericht nicht für eine Verurteilung ausgereicht.

Mutter als Täterin ausgeschlossen

Da im vorliegenden Fall ausschliesslich der Vater oder die Mutter als Täter oder Täterin infrage kamen, zielte der Staatsanwalt darauf ab, die Mutter als Täterin klar auszuschliessen. Das Verfahren gegen die Frau war 2017 eingestellt worden.

Kern der Argumentation des Anklägers waren überwachte Gespräche zwischen den Eltern. Im Gesprächsverhalten der beiden zeige sich «ein krasser Kontrast». Die Mutter habe verzweifelt darauf beharrt, dass Wahrheit und Gerechtigkeit ans Licht kämen. Immer wieder habe sie das Thema angeschnitten.

Der Freigesprochene dagegen sei ausgewichen, habe abgewiegelt, beschwichtigt, abgelenkt oder einfach geschwiegen. Er habe kein Interesse daran gezeigt, wer seine Tochter geschüttelt habe.

Indizien reichten nicht aus, um Nicolas N. schuldig zu sprechen

Der Staatsanwalt hatte versucht, den Eltern eine Ehekrise zu unterstellen. Er war beschuldigt worden, überfordert gewesen zu sein und es nicht mehr geschafft hatte, der Belastung standzuhalten.

Wie vor der ersten Instanz machte der Beschuldigte von seinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch. Nun hat der Richter auf Freispruch entschieden. Für das Obergericht des Kantons Solothurn reichten die Indizien nicht aus, um den 36-jährigen Schweizer am Donnerstag schuldig zu sprechen.

Bei dem Verfahren handle es sich um einen klassischen Indizienprozess, sagte der vorsitzende Richter in der mündlichen Urteilsbegründung. Direkte Beweise gebe es keine. Das Gericht müsse sich immer fragen, ob nach Prüfung der Gesamtheit der Indizien keine Zweifel mehr bestehen an der Täterschaft. Dies sei im aktuellen Fall nicht möglich. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann ans Bundesgericht weitergezogen werden. (SDA)

* Namen geändert

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