Darum gehts
- Nobelpreisträger Daniel Kahneman wählte assistierten Suizid in der Schweiz
- Kahneman fürchtete Demenz und wollte selbstbestimmt gehen
- Er schrieb am 22. März ein Abschiedsmail und starb am 27. März
Der Nobelpreisträger Daniel Kahneman (†90) war ein Meister der Psychologie. Mit seinem Buch «Thinking, Fast and Slow» (deutsch: «Schnelles Denken, langsames Denken») veränderte er unser Verständnis von Entscheidungen. Seine letzte Entscheidung traf er ganz allein: Am 27. März 2024 wählte er den assistierten Suizid in der Schweiz.
Über die Todesursache war in den Nachrufen vor einem Jahr nichts zu lesen – nun hat das «Wall Street Journal» Auszüge aus einem Abschiedsbrief veröffentlicht, den Kahneman seinen Liebsten wenige Tage vor seinem Tod geschickt hatte. Wie er seine letzten Stunden verbrachte und warum er sich für den Freitod entschied.
Die letzten Tage
Mitte März 2024 genoss Kahneman, der den Nobelpreis 2002 gewonnen hatte, Paris mit seiner Partnerin Barbara Tversky und seiner Familie. Sie spazierten durch die Stadt, besuchten Museen, gingen ins Ballett und schwelgten in Erinnerungen. Freunde berichten, dass Kahneman bis kurz vor seinem Tod voller Lebensfreude war. In Paris ass er ein letztes Mal seine Lieblingsspeisen und verbrachte intensive Stunden mit seinen Liebsten.
Das Abschiedsmail
Um den 22. März herum begann er laut «Wall Street Journal» ein persönliches Mail an enge Freunde zu schreiben: «Dies ist ein Abschiedsbrief, den ich Freunden schicke, um ihnen mitzuteilen, dass ich auf dem Weg in die Schweiz bin, wo mein Leben am 27. März enden wird.»
Der Freitod
In die Schweiz reiste Kahneman allein. Wie CH Media berichtet, hatte sich der Nobelpreisträger für die Suizidhilfeorganisation Pegasos im Weiler Roderis der Gemeinde Nunningen SO entschieden.
Hinter dem Verein Pegasos steht Ruedi Habegger (71). Den assistierten Freitod nahmen bisher zum Grossteil Australier, Briten, Amerikaner und Italiener in Anspruch. Habegger hatte sein Sterbezimmer von Liestal BL nach Nunningen verlegt, weil hier «eingebettet in eine wunderbare Natur, ausserhalb von dicht besiedeltem Gebiet, mit Diskretion» Freitodbegleitungen durchgeführt werden könnten.
Seine Angst vor Demenz
Kahneman war gerade 90 geworden, nicht todkrank – und auch nicht dement. Im Gegenteil: Er arbeitete noch an Forschungsprojekten. Doch er fürchtete den unausweichlichen Abstieg und wollte gehen, bevor er sich selbst verlor. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Seine Frau Anne Treisman starb 2018 nach langer Demenz. Auch seine Mutter verlor ihr Gedächtnis. In seinem Abschiedsbrief erklärt er dann auch: «Ich habe diese Entscheidung getroffen, weil ich genau diesen Zustand vermeiden wollte. Sie musste daher früh erscheinen.»
So reagierten seine Freunde
Einige enge Freunde wussten von seinem Plan. Sie versuchten ihn umzustimmen – ohne Erfolg. Ein Freund sagte: «Er hatte den wohl bestgeplanten Tod, den ich je gesehen habe.»