Wer nicht rennt, zahlt 150 Franken Busse! Mit dieser Spielregel für den klubeigenen Sponsorenlauf sorgte der FC Rothrist für Unmut. Ein Vater erzählte Blick: «Mein Sohn muss beim Sponsorenlauf des Vereins nicht nur 150 Franken erlaufen. Er muss, wenn er diesen Betrag nicht erreicht, auch noch die Differenz zahlen oder kriegt gar eine Busse von 150 Franken, wenn er nicht am Lauf teilnimmt.»
Der Verein argumentiert, es handle sich bei dieser «Busse» lediglich um einen Mitgliedsbeitrag, der noch nicht eingezogen wurde. Für gewisse Eltern grenzt das bereits an Nötigung.
Teilnahme an Sponsorenläufen «erwünscht»
Macht dieses Druckmittel Schule in den Juniorenabteilungen der Fussballklubs in der Region? «Wir verteilen keine Bussen an Mitglieder, die nicht am Sponsorenlauf teilnehmen», sagt Martin Lüscher, Präsident des FC Gränichen. Der Verein spreche einfach eine Empfehlung aus, am Sponsorenlauf teilzunehmen und Beiträge zu bringen.
Klar sei: «Die Teilnahme an solchen Anlässen ist erwünscht. Die meisten Mitglieder nehmen teil, weil sie Plausch daran haben – gerade die Junioren», sagt Lüscher. Aber: «Ein solcher Druck auf Kinder bringt nichts, das nimmt ihnen nur die Freude am Vereinsleben. Zudem wären es ja sowieso die Eltern, die die Busse bezahlen müssten.»
Genauso tönt es beim FC Spreitenbach. Präsident Hanspeter Schwab sagt: «Bei uns im FC gibt es absolut keinen Zwang, an Sponsorenläufen teilzunehmen. Wir verteilen auch keine Bussen, wenn jemand nicht mitmacht. Was wir aber tun: Wir verfassen jeweils ein Schreiben an die Eltern, in dem wir erklären, warum der Sponsorenlauf dem Verein hilft.»
Geld geht wieder an die Junioren
Im FC Spreitenbach verfahre man nach dem Motto: Alles, was an Sponsoring dem Verein zukomme, sei super. Was der Verein damit einnehme, komme in die Junioren-Kasse. «Das Geld setzen wir dann für ein Essen ein oder für neue Trikots. Uns ist wichtig, dass wir das Geld so immer wieder an die Junioren zurückvergüten können», sagt Schwab.
Beim Aargauer Verein FC Buchs sind die Sponsorenläufe auch obligatorisch, wie Präsidentin Vera Milanovic sagt. Mit einem grossen Unterschied: «Bei uns machen immer alle mit, wir müssen nie jemanden zwingen.» Jene, die nicht teilnehmen könnten, würden sich mit einem Grund bei der Präsidentin abmelden – und hätten auch keine Bussen zu befürchten, so Milanovic.
«Busse macht keinen Sinn»
Beim Schweizerischen Fussballverband (SFV) heisst es auf Anfrage von Blick: «Wir verfügen nicht über Statistiken zu diesem Thema. Sponsorenläufe sind aber in Fussballvereinen ein häufig gesehenes Instrument zur Mittelgewinnung. Wo es solche gibt, sind sie unseres Wissens häufig obligatorisch.»
Dass Vereinsmitglieder bei solchen Läufen Mindestbeiträge erlaufen müssten, komme laut SFV vor. Sie könnten als Teil des Mitgliederbeitrags angesehen werden. Aber: «Eine Busse zusätzlich zu einem Mindestbetrag macht unserer Ansicht nach keinen Sinn.»
Busse zulässig
Rechtlich handelt es sich bei den Sponsorenlauf-Bussen beim FC Rothrist nach Ansicht von Renata Trajkova, Rechtsanwältin und Doktorandin an der Universität Zürich, um Vereinssanktionen, die statutarisch vorgesehen seien. Gemäss ihrer Einschätzung sei die Schwere der Busse nicht ausreichend genug, um sie als persönlichkeitsverletzend zu qualifizieren. «Sie dürfe bei entsprechender Grundlage wohl als zulässig erachtet werden», sagt Trajkova. Allerdings wäre für eine gewissenhafte Beantwortung dieser Frage ein gerichtliches Präjudiz erforderlich, das nicht vorliege.
Die Juristin sagt, Vereinsstrafen dürften grundsätzlich von einem Verein nur an Mitglieder verhängt werden. Heisst konkret: Die Busse verpflichtet also nur die Kinder, sofern statutarisch nicht die Eltern mit einer Unterstellungserklärung mitverpflichtet wurden.
Laut der Einschätzung Trajkovas gebe es zu wenig Hinweise, dass die strengen Voraussetzungen einer Nötigung erfüllt seien. Denn: Nicht jeder geringfügige Druck auf die Entscheidungsfreiheit ziehe eine Bestrafung nach sich.